zurück | söldnerarmee


Söldner schützen US-Verwalter für den Irak Paul Bremer (mitte)
Förderung für Söldner
Till Meyer junge Welt 5. Mai 2004


Bundesagentur für Arbeit finanziert Ausbildung deutscher Personenschützer für den Krieg gegen den Irak

Die drittgrößte Besatzungsarmee im Irak hinter den US-Amerikanern und den Briten besteht aus etwa 20 000 Söldnern privater Sicherheitsdienste. Die größten Kontingente dieser Privatarmee kommen aus den USA und aus Großbritannien. Gut zwei Drittel der Söldner stellt die US-Firma Blackwater, die vorzugsweise ehemalige Marines in den Irak schickt. Aber auch die Deutschen sind mit von der Partie. Die in Lübeck ansässige „Baltic Safety Network“-Akademie (BSN), eine der führenden deutschen Sicherheitsagenturen, vermittelt Bodyguards nach Afghanistan, aber auch in den Irak. „Wir können die Anfragen aus den Krisengebieten Irak und Afghanistan gegenwärtig gar nicht befriedigen“, erklärte der Chef des Unternehmens, Björn-Michael Birr, unlängst gegenüber der Presse. Sein Unternehmen lässt verlauten: Wegen der besonderen Anforderungen im krisengeschüttelten Irak gebe es zur Zeit zu wenig Personenschützer, die dieser Aufgabe gewachsen seien. Innerhalb der nächsten drei Monate werde die Sicherheitsakademie deshalb zusätzlich knapp 30 Personenschutzfachkräfte speziell für den Irak-Einsatz ausbilden. Insgesamt habe man zurzeit zwölf Personenschützer im Irak, aber die Nachfrage sei groß. Um die zu befriedigen, kann die Akademie laut Birr auf einen Absolventenpool von 308 bereits ausgebildeten Sicherheitskräften zurückgreifen.

Die Kosten für die über 5000 Euro teure achtwöchige Vollzeitausbildung können von der Bundesagentur für Arbeit übernommen werden, und die Prüfung zur „Personenschutzfachkraft“ wird vor der Industrie- und Handelskammer in Lübeck abgelegt. Ausdrücklich weist die „Baltic Safety Network“ in ihrer Werbung auf die Förderung durch die Agentur für Arbeit oder die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hin. Angenommen werden nur Personen, Frauen wie Männer, die zwischen 19 und 32 Jahre alt sind. Bevorzugt werden Bewerber, die bereits eine militärische Ausbildung bei Polizei oder Bundeswehr absolviert haben. Gute körperliche Verfassung wird ebenso gefordert wie Englischkenntnisse und Sanitätserfahrungen. Die Lehrgangsteilnehmer werden nicht nur im Umgang mit automatischen Waffen trainiert, sondern auch der Häuser- und Bunkerkampf wird simuliert. Zudem gibt es einen Islam-Unterricht, der auf die Sitten und Gewohnheiten in der Region vorbereiten soll. Ein eigens engagierter arabischer Sprachlehrer soll den Söldnern etwa erklären, wo die Unterschiede zwischen Sunniten und Schiiten liegen und was es mit dem Fastenmonat Ramadan auf sich hat. „Eine von uns gut ausgebildete Sicherheitskraft“, so Akademieleiter Birr, „kann im Irak locker 1000 bis 2000 Dollar am Tag verdienen.“ Die New York Times schätzt, dass von den 18 Milliarden Dollar, die von der US-Regierung zum Wiederaufbau pro Jahr in den Irak transferiert werden, gut 4,5 Milliarden Dollar an die privaten Sicherheitsdienste fließen.

Söldner können aber nicht nur Geld verdienen, sie können sich auch einfach totschießen lassen, wie die letzten Wochen gezeigt haben. Die vier angeblich zivilen US-Bürger, die in Falludscha am 31. März erschossen wurden, waren Angehörige einer US-Sicherheitsfirma. Auch der von irakischen Aufständischen entführte und am 14. April erschossene Italiener war Angestellter einer privaten Sicherheitsagentur. Das US-amerikanische Brookings- Institut hat recherchiert, daß bis Anfang März im Irak bereits mehr als 30 Angehörige privater Sicherheitsdienste erschossen und knapp 200 verletzt worden sind. Seit dem Wochenende ermittelt auch Scotland Yard gegen eine nicht genannte britische Sicherheitsagentur wegen des Vorwurfs, Angehörige dieser Firma seien an Folter- und Gräueltaten gegen irakische Bürger beteiligt gewesen. Die Aufgabe der deutschen Söldner im Irak wird von „Baltic Safety Network“ nur schemenhaft umrissen. Wen sie schützen sollen, bleibt schleierhaft. Die deutsche Botschaft im Irak hat jedenfalls keinen Kontakt zu den Söldnern und kann auch nicht sagen, wie viele sich davon bereits im Irak befinden. Nach Medienberichten heißt es dazu aus dem Auswärtigen Amt: „Wir würden denen sowieso raten, schnellstmöglich das Land zu verlassen. Hoheitsaufgaben erfüllen die auf keinen Fall“. Was noch zu prüfen sein wird.
 5. Mai 2004