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Schritt für Schritt den Armen an den Kragen
Gegeninformationsbüro 26. Dezember 2002


Teil II: Die sogenannte Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe


Denn das bisherige Sozialsystem „führe zu negativen Anreizwirkungen hinsichtlich des Suchverhaltens und zum Teil unrealistischen Gehaltsvorstellungen der Arbeitslosen“ (Die Kommission).

Während Peter Hartz klassengemäß rumweint, sein Konzept sei „verwässert“ und „nicht eins zu eins umgesetzt“, die Gewerkschaftsfunktionäre ihm Taschentücher reichen und sie im Chor mit den Massenmedien alles dafür tun, uns glauben zu machen, dass „Hartz-Konzept“ sei nicht durchgekommen. Steht in den gerade durch den Bundestag verabschiedeten Gesetzesänderungen nichts anderes als jenes was die „Kommission zur Arbeitsmarktreform“ vorgeschlagen hatte. Die 1:1-Umsetzung ist in vollem Gange! Eine Auswertung der Gesetzesänderungen siehe Teil 1. Darüber hinausgehen wir davon aus, dass die weitere Umsetzung zügig vorangetrieben wird und die im Zentrum der Zerschlagung der sozialen Grundsicherung stehende sogenannte Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe (sowie ausgleichende Sozialhilfe und der Pauschalisierung von Wohngeld u.a. Zusatzleistungen) folgen wird.

Für unseren Widerstand gegen die immer schlechteren Arbeits- und Lebensbedingungen, zunehmende Armut und entgarantierte, rechtlose Arbeit ist die geplante „Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ von großer Bedeutung. Sie markiert das Schlusslicht der Neuordnung des Sozialsystems. Mit der Zerschlagung des bisherigen sozialen Sicherungsystems (der sog. Strukturreform) wird die Armut drastisch erhöht und die Menschen werden gezwungen sich als billige Arbeitskräfte zu verkaufen. Und per PSA-Leiharbeit zum Zwecke der Deregulierung (Entrechtung!) und Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse und Lohnstruktur (Lohnsenkung!) auf den Arbeitsmarkt geschleudert.

Seid wachsam, lasst euch nix von den „Profis der Nation“ erzählen! Denn grundsätzlich verfolgt die Bundesregierung folgende Grundstrategie:
(Kommentare in der Klammer sind von uns. Der Rest in den Anführungszeichen aus den Original-Begründungen zu den bereits erfolgten Gesetzesänderungen)

„In einem ersten Schritt werden mit diesen Änderungsgesetzen die Vorschläge der Kommission umgesetzt, die vor allem die Erschließung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten (Leiharbeit per PSA), die Verbesserung der Qualität und Schnelligkeit der Arbeitsvermittlung (Quickvermittlung), die Neuausrichtung der beruflichen Weiterbildung (Bildungsgutschein und Zertifizierung) sowie die Stärkung des Dienstleistungscharakters der Bundesanstalt für Arbeit (Serviceleistungen, Personal und Struktur, aber auch Zumutbarkeit/Mobilität, Umkehrung der Beweislast) zum Inhalt haben.“

„In einem weiteren Schritt sollen die gesetzlichen Grundlagen für Änderungen im Leistungsrecht (Absenkungen Alhi/Uhg), eine Zusammenführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen und eine Strukturreform der Bundesanstalt für Arbeit gelegt werden (Aktionsbudget, Wirtschaftsförderung).“


Entspricht dem ersten und zweiten Gesetz „für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt“.

„Schließlich wird ein Gesetz zur Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe die neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt vervollständigen“. Was dies beinhaltet: siehe im Anschluss an die Zusammenfassung der Gesetzesänderungen. “Insgesamt werden die Vorschläge der Kommission Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in dieser Legislaturperiode umgesetzt.“ Und „zum 1. Januar 2004 sollen schließlich Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengeführt sein.“

Was beinhaltet dieses Vorhaben? Wir dokumentieren an dieser Stelle Auszüge aus dem Bericht des Teilprojekts II, das sich mit der ...

„Reform“ der Entgeltersatzleistungen und der Zusammenlegung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe befasst. (Handlungsempfehlungen der Kommission)



I. Lohnersatzleistungen

Handlungsempfehlungen: „Anreize zum Verbleib in der Arbeitslosigkeit und zum weiteren Bezug von Entgeltersatzleistungen sind abzubauen“. Folgende Maßnahmen sollten ergriffen werden:

Anpassung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld (und Arbeitslosenhilfe)
D.h.: zeitliche Begrenzung von Leistungen! Für ALG werden zwölf Monate vorgeschlagen.
Ein Leistungsbezug könnte von der Annahme von Angeboten wie z.B. „ein faires Bildungs- und Arbeitsangebot“ abhängig gemacht werden (siehe Dänemark, Schweiz). Solange die Arbeitslosenhilfe weiter besteht, wird eine Befristung von zwei Jahren vorgeschlagen. Ausnahme: ältere Menschen ab 55 Jahre. Sowie eine „degressive Ausstattung“ also eine stufenweise Minderung/ Absenkung der Leistungen, deren untere grenze das „Niveau der Sozialhilfe ist“. (Jährliche Minderung der Alhi von drei Prozent bis max. 50 Prozent der Bezugsgröße – bereits gesetzlich verankert.)

Wegfall der jährlichen Anpassung des Arbeitslosengeldes
D.h.: Entdynamisierung (bereits gesetzlich verankert)

Neudefinition und Flexibilisierung der Zumutbarkeit
D.h.: „So sollte beispielweise im Gesetz zum Ausdruck kommen, dass einem jungen ungebundenen Arbeitlosen durchaus ein Umzug in eine andere Region zuzumuten ist“. (bereits gesetzlich verankert). Sowie darüber hinaus: „Materiell kann eine Beschäftigung durchaus auch dann zumutbar sein, wenn sie nicht gemäß einen Tarifvertrag entlohnt wird. Insbesondere in den neuen Bundesländern, in denen die Anzahl der tarifgebundenen Betriebe deutlichniedriger ist als in den alten Bundesländern.“ Und weiter heißt es: Dm Beispiel der Schweiz folgend, können auch Beschäftigungen mit einer Entlohnung unterhalb des Arbeitslosengeldes (oder der Arbeitslosenhilfe) zumutbar sein, wenn sie durch einen sog. Zwischenverdient aufgestockt werden.

Effektivere Nutzung von Sanktionsmöglichkeiten
D.h.: „Im internationalen Vergleich verfügt Deutschland zwar über recht rigide Sperrzeitregelungen, diese scheitern jedoch an der Umsetzung.“ (...) „In der Regel scheitern deren Verhängung an der Beweislast: Die Arbeitsverwaltung muss, um eine Sperrzeit zu begründen, nachweisen, dass die angebotene und vom Arbeitslosen abgelehnte Beschäftigung zumutbar ist.“ (...) „Es wird daher vorgeschlagen, die Beweislast für die Zumutbarkeit einer angebotenen Beschäftigung auf den Arbeitnehmer zu verlagern.“ (Umkehrung der Beweislast, bereits gesetzliche verankert)

Sowie weitere Maßnahmen unter dem Motto: „weniger Bürokratie“:

Pauschalierte Leistungen unmittelbar nach Eintritt der Arbeitslosigkeit
D.h.: Es wird a. eine vorgeschaltete Pauschale für die ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit (plus/minus Zu- oder Abschläge) vorgeschlagen oder b. oder eine dem Arbeitslosengeld vorgeschaltete Pauschale von 750 Euro für einen Monat. Unabhängig vom vorherigen Lohn.

Wegfall der Unterscheidung zwischen erhöhtem und allgemeinen Leistungssatz bei Entgeltersatzleistungen
D.h.: eine einheitlicher Prozentsatz (z.B. mit und ohne Kind, Verrechnung mit Kindergeld).

Vereinfachen von Bemessungsvorschriften für Entgeltersatzleistungen
D.h.: „Schaffung einer einheitlichen Leistung, in der die bisherigen Leistungsarten Unterhaltsgeld und Anschlussunterhaltsgeld aufgehen.“ (Senkung des Uhg und Streichung des Anschluss-Uhg bereits gesetzlich verankert). Sowie die Vereinheitlichung und Pauschalisierung der „Lohnsubventionen zur Unterstützung der Vermittlungstätigkeit“, also aller Eingliederungszuschüsse (ABM, SAM usw.) Entspricht dem von der Kommission vorgeschlagenen Aktionsbudget. Sowie die Pauschalisierung der Gelder in Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme entstehenden Kosten wie z.B. Bewerbungs- und Reisekosten, Kosten für Arbeitskleidung. (Pauschalisierung von Zusatzleistungen, bereits gesetzlich verankert)

Zusammenfassen von Leistungen, die in ihrer Zielsetzung vergleichbar sind
vgl. II Arbeitslosen und Sozialhilfe im Anschluss

Einführung einer Multifunktionskarte als Ersatz für Verdienstbescheinigungen
D.h.: Einführung der „Signaturkarte“ und Schaffung einer zentrale Datenbank.

Abbau von Schnittstellen zu anderen Sozialleistungsträgern
vgl. II Arbeitslosen und Sozialhilfe im Anschluss

Schaffung einer funktionstüchtigen EDV
D.h.: bundesweite Vernetzung der Arbeitsvermittlung (zentrales Datenarchiv)

Stärkung der Verantwortlichkeit der Mitarbeiter durch Reduzierung von allgemeinen Weisungen.
D.h.: mehr „Eigenverantwortung“ des Sachbearbeiters und „sich gut stellen mit ...“. Einführung eines Leistungslohn-Systems für die SachbearbeiterInnen des Arbeitsamtes (bereits gesetzlich verankert).


II. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe

Vorab: Laut „Hartz-Konzept“: Sozialgeld und ALG II, hier: soziale Grundsicherung für „dauerhaft und voll erwerbsunfähige“ sowie RentnerInnen (ab 65 Jahre / offen: Auswirkungen der Neuregelung des Rentenalters) und „Behinderte“ und das „Eingliederungsgeld“ für alle „erwerbsfähigen“, die aktiv was tun um ihre Arbeitslosigkeit zu beenden und sich entsprechend der neuen Zumutbarkeiten und Verpflichtungen anpassen, wie z.B. Leiharbeit per PSA bundesweit.
Wichtig: Durch die Maßgabe „Erwerbsfähigkeit“ sowie „Erwerbsunfähigkeit“ gibt es keinen Zugang (!) zur „Sozialen Grundsicherung“ oder der (ehemaligen) Sozialhilfe, wenn mensch aus dem „Eingliederungsgeld“ oder Alhi rausfliegt. Die ausgleichende Sozialhilfe entfällt. Zusatzleistungen wie z.B. Wohngeld werden pauschalisiert, sind also unabhängig von der realen Miete.

In der Koalitionsvereinbarung hat die Bundesregierung bereits festgelegt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Sozial- und Arbeitsämtern „nachhaltig“ verbessert werden soll. In dem „Zwei-Stufen-Plan“ der Bundesregierung ist im Rahmen der zweiten Stufe (der „zügigen Strukturreform“) als viertes Kernelement die sog. Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe angekündigt. Dazu hat die Kommission das nun im folgenden dokumentierte Modell vorgeschlagen. Daneben wir die sog. Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auch Gegenstand der vom Bundesministerium für Finanzen eingesetzten Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen sein (Gemeindefinanzreform).

Grundannahme:
Die Bezugsdauer des – bisher nicht degressiv (stufenweise Absenkung) ausgestalteten – Arbeitslosengeldes sei bisher bis zu 32 Monaten (für ältere Arbeitnehmer). Die im Anschluss daran gewährte Arbeitslosenhilfe ist zeitlich unbefristet. Dies führe zu negativen Anreizwirkungen hinsichtlich des Suchverhaltens und zum Teil unrealistischen Gehaltsvorstellungen der Arbeitslosen.

Zwischen den Leistungen bestünden „Schnittstellen“, da ein Teil der Arbeitslosengeld- oder -hilfebezieher ergänzend Hilfen zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem BSHG bezieht (ausgleichende Sozialhilfe). Diese Gruppe der so genannten „Aufstocker“ umfasst rd. 270 000 Personen. Hier stelle sich vor allem das Problem doppelter Bürokratie. Besondere Probleme ergäben sich daraus, dass das SGB III und das BSHG unterschiedliche Regelungen, z.B. zur Bedürftigkeit und zur Zumutbarkeit einer Beschäftigung enthalten. Und so erzeuge das Nebeneinander von Arbeits- und Sozialverwaltung „Reibungsverluste“, und schaffe „Verschiebebahnhöfe“. Ein solches Doppelsystem sei für dieselbe Zielgruppe (der Langzeitarbeitslosen) nicht nur intransparent und kompliziert, sondern auch teuer.

Handlungsempfehlungen der Kommission:
Zwei Modelle werden vorgeschlagen, die aber auch aufeinander folgen könnten
(zunächst Modell B und dann im zweiten Schritt Modell A):



Modell A (Systemreform):
Arbeitslosen- und Sozialhilfe sollen zu einer neuen, einheitlichen Geldleistung zusammengeführt werden. Und die Arbeits- und Sozialämter im Hinblick auf die Betreuung aller „erwerbsfähigen“ in eine eigenständige Anlaufstelle zusammengefasst werden. „Aufgrund der zu bewältigenden Hürden könne das Ziel ‚Einheitliches System‘ nur schrittweise erreicht werden:

1. Verbesserte Zusammenarbeit von Sozialamt und Arbeitsamt. In einer ersten Stufe soll
demnach zunächst eine „Harmonisierung der Systeme“ begonnen werden (vgl. Model B). Als Vorstufe einer:
2. Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe durch:
a. Streichung der Arbeitslosenhilfe
b. Streichung der Sozialhilfe
c. Schaffung einer neuen, steuerfinanzierten Leistung für alle „erwerbsfähigen Hilfebedürftigen“, die „armutsfest“ ist. Die neue einheitliche Geldleistung sollte den Namen „Eingliederungsgeld“ tragen, um auch sprachlich das Ziel der Integration zu verdeutlichen. (im Hartz-Konzept ALG II). Betreuung durch das Arbeitsamt.


Zum Eingliederungsgeld:
Die Geldleistung soll den „notwendigen Lebensunterhalt der Erwerbslosen und ihrer Bedarfsgemeinschaft sichern“. Finanzielle Leistungen müssen so weit wie möglich dem „Integrationsziel“ dienen. Maßgeblich für die Höhe der Leistung ist nicht der in der Vergangenheit liegende Bezug von Arbeitsentgelt, sondern das Ziel der in der Zukunft liegenden (Wieder-) Eingliederung in das Erwerbsleben. Das – degressiv ausgestaltete (stufenweise Absenkung) – Eingliederungsgeld soll daher eine bedarfsdeckende Gesamtpauschale sein, die aus einer einheitlichen „armutsfesten“ Geldleistung in Höhe der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG (Sozialhilfe) für den Erwerbslosen und seine Bedarfsgemeinschaft plus einem individuellem „Qualifizierungszuschlag“ besteht. D.h.: Bei aktiver Teilnahme an Maßnahmen zur Wiedereingliederung sollte unter dem Aspekt eines Mehrbedarfs, z.B. für Fahrtkosten, Kleidung, Unterrichtsmaterial u.ä., der Zuschlag für die Dauer einer Maßnahme gewährt werden. Anspruch auf diese Leistung haben alle arbeitslosen und „erwerbsfähigen“ Personen, die einen Anspruch auf Versicherungsleistungen nach SGB III haben oder bedürftig sind, solange und soweit sie auf entsprechende Hilfen angewiesen sind, damit das Eingliederungsziel erreicht werden kann.

Empfehlungsbegründung: Die künftig aktiven Maßnahmen und jeweiligen Geldleistungen könnten aus einer Hand gesteuert werden. Nach der Erschöpfung des ALG-Anspruchs und der Kontaktaufnahme zur „Eingliederungsstelle“ (Clearingstelle) sind Arbeitlose daher in einen einheitlichen Ablauf integriert, bei dem es – in erster Linie – um die Maßnahmen zur (Wider-) Eingliederung und – in zweiter Linie – um Gewährung einer Leistung geht, die als „Eingliederungsgeld“ bezeichnet werden könnte.


Modell B (Verbesserte Kooperation und Koordinierung beider System):

1. Die beiden Leistungen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe bleiben erhalten.
2. Verbesserte Kooperation und Planvolle Zusammenarbeit
zwischen beiden Ämtern nach dem „Leitfaden für Sozialhilfeträger und Arbeitsämter zur beruflichen Eingliederung Arbeitloser aus dem Jahre 1998.“ Beispielhaft dafür das Modellprojekt „MOZarT“. Das bedeutet im Wesentliche eine Gleichstellung bzgl. der Zumutbarkeiten, Mitwirkungspflicht und „Eigenaktivitäten“ für alle die Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe bekommen. Rechtliche Grundlagen wie z.B. „Verbessertes Vermittlungsverfahren“, „aktive Arbeitsförderung“ nach SGB III und Hilfe zur Arbeit nach BSHG sollen dann für beide Behörden gelten. (z.B. auch gemeinnützige Arbeit). Und dies von einem „Fallmanager“ gesteuert wird. Also nicht Streichung der Gelder, sondern Angleichung der Stolpersteine und Absenkungsinstrumentarien.
Sowie einer generelle Vereinheitlichung aller Instrumentarien, trotz beibehaltener unterschiedlicher (verwaltungstechnischer) Zuständigkeit. (Kooperationsmodell)
3. Sowie eine Angleichung aller leistungsrechtlichen Regelungen in BSHG und SGBIII.
So könnten zum Beispiel bei gleicher „Problemlage“ (Langzeitarbeitslosigkeit) vergleichbare Leistungen gezahlt werden. Sowie eine Angleichung der Zugangsvoraussetzungen geschaffen werden.

Empfehlung der Kommission:
Modell B habe den Vorteil, dass dies leichter und schneller umgesetzt werden könne, als die Zusammenführung (Modell A Systemreform). Das Kooperations- und Koordinationsmode (Modell B) könne auch als Vorstufe zu einer umfassenden Systemreform (Modell A) angesehen werden.

Generell „nicht erwerbsfähige“ sollen (bei beiden Modellen) weiterhin durch die Sozialämter betreut werden. Hier könnte das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG), ab 1. Januar 2003 in Kraft tritt und von der Öffentlichkeit fast unbemerkt verabschiedete wurde zu Grunde gelegt werden. Leistungen nach diesem Gesetz können auf Antrag zum einen Menschen erhalten, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, zum anderen Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und (im Sinne des Paragraph 43 Absatz 2 SGB VI) dauerhaft voll erwerbsgemindert sind (auch „Behinderte“), „und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann“ (so der Gesetzestext).

Das Arbeitslosengeld soll (bei beiden Modellen) als beitragsfinanzierte Leistung der Arbeitslosenversicherung erhalten bleiben. Allerdings (nach entsprechender Übergangsregelung) generell auf zwölf Monate befristet werden.

Sozialversicherungspflicht
a) Im Fall der besseren Kooperation bzw. Koordination der beiden Systeme. Die Bezieher von HLU (Sozialhilfe) sollten in derselben Weise in die Systeme der Kranken- und Pflegeversicherung einerseits und der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits einbezogen werden wie die Bezieher von Arbeitslosenhilfe. Das bedeutet, dass Pflichtversicherungstatbestände für diesen Personenkreis geschaffen werden müssten. D.h.: Zu überlegen wäre, ob die Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen von Personen, die trotz Erwerbstätigkeit auf Sozialhilfe angewiesen sind, in voller Höhe oder zumindest teilweise von den Sozialhilfeträgern übernommen werden sollten. Dies könnte als ein Anreiz genutzt werden, eine ausgeübte Tätigkeit aufrechtzuerhalten.

b) Im Fall der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe
Die Bezieher der neuen Geldleistung sollten der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch in der sozialen Pflegeversicherung unterliegen. Eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung wäre wünschenswert, ist aber auf ihre Finanzierung und Ausgestaltung hin im Einzelnen zu überprüfen. Die Teilnahme an aktiven Maßnahmen sollte im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt sein.

Denjenigen, die keinen Anspruch auf die Geldleistung haben, sollte die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung eröffnet werden (private Arbeitslosenversicherung). Dies sollte jedenfalls für die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung gelten.
Sowohl die Schaffung von Versicherungspflichttatbeständen als auch die Ermöglichung einer freiwilligen Versicherung soll neben dem unmittelbaren Ziel der sozialen Absicherung auch dem Zweck dienen, ein „Erwerbsbeteiligungsbewusstsein“ bei den Betroffenen entstehen zu lassen, also die Arbeitsmarktnähe ihrer Aktivitäten zu verdeutlichen.

Organisation eines „Arbeits- und Sozialservices“
Parallel dazu verläuft ebenso die Vereinheitlichung der Organisation eines sog. Arbeits- und Sozialservices. Dies beinhaltet die organisatorischen Rahmenbedingungen der Verwaltung und Integrationssteuerung. Sowie die Schaffung eines einheitlichen gemeinsamen Anlauf- und Beratungsstelle („front desk“ oder Clearingstelle).

An das „front desk“ sollen sich „Türen“ in das „back office“ mit mindestens folgenden Elementen einer „Dienstleistungskette“ als zentralen Elementen der aktiven personenbezogenen Leistungen zur Aktivierung anschließen: Profiling, Beratung, Assessment, Hilfeplanung, Casemanagement / Fallmanager, Arbeitsver-mittlung / Integration in den ersten Arbeitsmarkt, Bewerbungscenter, Qualifizierungsmaßnahmen (ggf. Weiterleitung an Bildungs- und Beschäftigungsträger), Schuldnerberatung (ggf. Weiterleitung an Beratungsstellen), Wohnungshilfen, Kinderbetreuung, Zugang zu passiven Leistungen (z.B. Eingliederungsgeld, pauschalisierte Zuschüsse).

Anspruchsberechtigter Personenkreis:
Beim anspruchsberechtigten Personenkreis sollte die Definition von „Erwerbsfähigkeit“ klar und einheitlich sein. Anspruch auf die genannten „aktiven und passiven“ Leistungen (Ohne Leistung keine Gegenleistung!) sollen alle arbeitslosen Personen zwischen dem 18. und dem 65. Lebensjahr haben, die nicht dauerhaft voll erwerbsgemindert im Sinne des Paragraph 1 des Gesetzes über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind. Damit sei sichergestellt, dass alle Personen, die nicht dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, eine Chance zur Integration in den (ersten) Arbeitsmarkt erhalten. Die Erwerbsfähigkeit des Hilfesuchenden muss in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Die Definition sollte so weit wie irgend möglich auch in den anderen Zweigen des sozialen Sicherungssystems (z.B. SGB V, SGB VI) verbindlich sein. Auf diese Weise lassen sich Schnittstellen klar definieren. Zudem gibt es keinen Ansatzpunkt, durch Rückgriff auf eine andere Definition Kosten von einem Teilsystem in ein anderes zu verschieben. Und eben auch keinen Zugang mehr zu anderen Leistungen! (Eine Zuständigkeit, eine Leistung!)

Sanktionen:
Künftig gilt das Prinzip „Keine Leistung ohne Gegenleistung“. Geldleistungen werden erbracht, weil und solange die/der Erwerbslose sich aktiv um Eingliederung in das Erwerbsleben bemüht („aktivierende Arbeitsmarktpolitik“). Geschieht dies nicht, muss sie/er mit entsprechenden Sanktionen rechnen. Sperrzeitverhängung ist kein wesentliches Element der Arbeitslosenhilfe; sie sollte zugunsten einer einheitlichen Kürzungs- oder Versagungsregelung (!) aufgegeben werden. Wird eine angebotene zumutbare Maßnahme zur Wiedereingliederung abgelehnt oder nach deren Antritt ohne wichtigen Grund abgebrochen, so ist die Geldleistung nach dem Vorbild des Paragraph 25 BSHG zu kürzen (25 Prozent bis 100 Prozent); in schwerwiegenden Fällen sollte die Leistung (bei Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft: der auf den Erwerbslosen entfallende Anteil) auch ganz gestrichen werden.

siehe: Teil I Eine Auswertung der gesetzlichen Änderungen

Als dann ...
Gegeninformationsbüro / Berlin
Dezember 2002


Material zum Thema „Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ unter: http://www.arbeitnehmerkammer.de
 26. Dezember 2002