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Schritt für Schritt den Armen an den Kragen
Gegeninformationsbüro 18. Dezember 2002


Wie ihr alle wisst hat sich die informelle Große Koalition zwischen CDU, SPD und Grüne in Sachen „Arbeitsmarktreform“ „geeinigt“. Am Dienstag (17. Dezember 2002) stimmte der Vermittlungsausschluss den Vorschlägen der Hartz-Kommission zu. Die Gesetze treten nunmehr – wie der ursprüngliche Zeitplan der Bundesregierung vorsah – bereits am 1. Januar 2003 in Kraft. Ausgenommen davon ist die Neuregelung der Minijobs, die ab 1. April 2003 gelten wird.

Konkret geht es um schlecht bezahlte Beschäftigungsverhältnisse, Billigjobs sozusagen. Und so sieht das nun aus – eine Auswertung:

1. Einer weitergehenden Ausweitung der Mini-Jobs:
  • Die Einkommensgrenze bei den bisherigen 325-Euro-Jobs („geringfügige Beschäftigung“) wird auf 400 Euro angehoben. Für diese Jobs muss der Arbeitgeber pauschal zwölf Prozent Renten- und elf Prozent Krankenbeitrag entrichten. Zudem werden zwei Prozent Steuer fällig (gleich 25 Prozent). Zudem dürften die Mini-Jobs – anders als derzeit – auch als Nebenjob ausgeübt werden. Gültig für alle Branchen!

  • Für „haushaltsnahme Dienstleistungen“ ist eine zehn Prozent (fünf Prozent RV, fünf Prozent KV, zwei Prozent Steuern) Arbeitgeberpauschale vorgesehen. Die Einkommensgrenze liegt hier ebenfalls bei 400 Euro. Dem/der ArbeiterIn bleibt (bei beiden Formen der „geringfügigen Beschäftigung“) offen, den Beitragssatz von 19,5 Prozent in die gesetzliche Rentenversicherung aus eigener Tasche zahlt.

  • Neu ist auch die Schaffung einer so genannten „Gleitzone“ bis zu Einkommen in doppelter Höhe der Minijobs. An die „Grundzone“ (von 400 Euro) schließt sich nun die „Gleitzone“ (zwischen 401 und 800 Euro) an. In diesem Segment wird auch der/die ArbeiterIn zur Kasse gebeten – aber nicht sprunghaft, sondern vielmehr allmählich ansteigend (die Kosten der gesetzlichen Versicherungen steigen linear von vier Prozent auf die derzeit gültige Höhe von 21 Prozent). An den Fiskus muss er entweder pauschal 25 Prozent Steuer überweisen, oder er arbeitet ganz normal auf Lohnsteuerkarte, was beispielsweise für Studenten oft günstiger sein dürfte. Ab 401 Euro entfallen auf die Arbeitgeber Sozialabgaben in Höhe von 21 Prozent.

  • Mini-Jobs in sind für den Arbeitgeber steuerlich absetzbar. Die steuerliche Absetzbarkeit richtet sich nach der Art der Dienstleistung: Für Minijobs sind es zehn Prozent, maximal 510 Euro/Jahr. Für voll sozialversicherungspflichtige Mini-Jobs („Gleitzone“) zwölf Prozent, maximal 2400 Euro/Jahr. Für den „Einkauf von Dienstleistungen“ durch Unternehmen/Agenturen/ Leinarbeit 20 Prozent, maximal 600 Euro im Jahr.
Kommentar: Durch einen absehbaren Austauscheffekt von regulärer Beschäftigung in Mini-Jobs mit geringerer Sozialabgabenlast, fließt weniger Geld in die Kassen. Schon jetzt gehen Renten- und Krankenversicherer von Mindereinnahmen aus. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet (18. Dezember) entstehen etwa 500 Millionen Euro Steuerausfälle, weitere 500 Millionen Euro fehlen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Einzelne Experten veranschlagen die Summe noch höher. Nach Angaben des Instituts für die Zukunft der Arbeit (IZA) könnten bis zu zwei Milliarde Euro fehlen. Und so werden die „leeren Kassen“ künftig jene selbst geschaffene und beabsichtigte Argumentationsvorlage liefern für den Weg in die private Sozialversicherung. Nach dem Motto: Vorwärts und vergessen, schafft jenen Standortpolitik zunehmende Konkurrenz und soziale Ungleichheit.

2. Die Möglichkeit ArbeitnehmerInnen über 52 Jahre befristet einzustellen wird um ein Jahr verlängert bis 2006.

3. Das geplante „Brückengeld“ (Bridge-System) für ältere ArbeiterInnen entfällt.

4. Zur Ausweitung der Leiharbeit und der Bezahlung jener LeiharbeiterInnen konnte keine Einigung erzielt werden. Dieser Teil des Hartz-Konzeptes ist allerdings auch nicht zustimmungspflichtig!


Teil I: Eine Auswertung der Gesetzesänderungen

Denn das bisherige Sozialsystem „führe zu negativen Anreizwirkungen hinsichtlich des Suchverhaltens und zum Teil unrealistischen Gehaltsvorstellungen der Arbeitslosen“ (Die Kommission).

Während Peter Hartz klassengemäß rumweint, sein Konzept sei „verwässert“ und „nicht eins zu eins umgesetzt“, die Gewerkschaftsfunktionäre ihm Taschentücher reichen und sie im Chor mit den Massenmedien alles dafür tun, uns glauben zu machen, dass „Hartz-Konzept“ sei nicht durchgekommen. Steht in den gerade durch den Bundestag verabschiedeten Gesetzes Änderungen nichts anderes als jenes was die „Kommission zur Arbeitsmarktreform“ vorgeschlagen hatte. Die 1:1-Umsetzung ist in vollem Gange! Darüber hinausgehen wir davon aus, dass die weitere Umsetzung zügig vorangetrieben wird und die im Zentrum der Zerschlagung der sozialen Grundsicherung stehende sog. Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe (sowie ausgleichende Sozialhilfe und einer Pauschalisierung von Wohngeld u.a. Zusatzleistungen) folgen wird.

Für unseren Widerstand gegen die immer schlechteren Arbeits- und Lebensbedingungen, zunehmende Armut und entgarantierte, rechtlose Arbeit ist die geplante „Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe“ von großer Bedeutung. Sie markiert das Schlusslicht der Neuordnung des Sozialsystems. Was dies beinhaltet findet Ihr im Teil II. Mit der Zerschlagung des bisherigen sozialen Sicherungsystems (der sog. Strukturreform) wird die Armut drastisch erhöht und die Menschen werden gezwungen sich als billige Arbeitskräfte zu verkaufen. Und per PSA-Leiharbeit zum Zwecke der Deregulierung (Entrechtung!) und Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse und Lohnstruktur (Lohnsenkung!) auf den Arbeitsmarkt geschleudert.

Seid wachsam, lasst euch nix von den „Profis der Nation“ erzählen! Denn grundsätzlich verfolgt die Bundesregierung folgende Grundstrategie:

(Kommentare in der Klammer sind von uns. Der Rest in den Anführungszeichen aus den Original-Begründungen zu den bereits erfolgten Gesetzesänderungen)

„Die Empfehlungen der Kommission sind vielschichtig und weitreichend. Ihre Umsetzung erfolgt zum Teil durch untergesetzliche Maßnahmen, wie zum Beispiel das Auflegen eines Programms Kapital für Arbeit der Kreditanstalt für Wiederaufbau zum 1. November 2002 oder die Einführung von Beschäftigungsbilanzen.“ (Dazu gehören auch schlicht Teile die als Verwaltungsanweisungen an die Arbeitsämter rausgehen)

„Andererseits sind mehrere aufeinander bezogene Gesetzgebungsverfahren erforderlich.“

„In einem ersten Schritt werden mit diesen Änderungsgesetzen die Vorschläge der Kommission umgesetzt, die vor allem die Erschließung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten (Leiharbeit per PSA), die Verbesserung der Qualität und Schnelligkeit der Arbeitsvermittlung (Quickvermittlung), die Neuausrichtung der beruflichen Weiterbildung (Bildungsgutschein und Zertifizierung) sowie die Stärkung des Dienstleistungscharakters der Bundesanstalt für Arbeit (Serviceleistungen, Personal und Struktur, aber auch Zumutbarkeit/Mobilität, Umkehrung der Beweislast) zum Inhalt haben.“

„In einem weiteren Schritt sollen die gesetzlichen Grundlagen für Änderungen im Leistungs-recht (Absenkungen Alhi/Uhg), eine Zusammenführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen und eine Strukturreform der Bundesanstalt für Arbeit gelegt werden (Aktionsbudget, Wirtschaftsförderung).“

Entspricht dem ersten und zweiten Gesetz „für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt“.

„Schließlich wird ein Gesetz zur Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe die neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt vervollständigen“. „Insgesamt werden die Vorschläge der Kommission Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in dieser Legislaturperiode umgesetzt.“ Und „zum 1. Januar 2004 sollen schließlich Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengeführt sein.“ siehe Teil II

„Der Bundestag hat am 15. November 2002 dem ersten und zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zugestimmt. Mit den beiden Gesetzen, einem zustimmungsfreien und einem zustimmungspflichtigen, werden die Reformvorschläge der Hartz-Kommission umgesetzt. Die Koalitionsfraktionen haben damit die größte Arbeitsmarktreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.“ (laut Bundesregierung)

Sie sollen zum 1. Januar 2003 in Kraft treten. Die Gesetzesänderungen gehen nun in den Bundesrat (Vermittlungsausschuss), dort wurde von Seiten der CDU eine Blockade angekündigt. Wir gehen aber davon aus, dass es dadurch lediglich zu einer Verzögerung kommen wird und die Gesetzesänderungen spätestens zum 1. März 2003 in Kraft treten werden.

Zum zustimmungsfreien Teil gehören:
  • Maßnahmen für eine flächendeckende Einführung von JobCenter (Modul 1)
  • Erhöhung der Vermittlungsgeschwindigkeit (Modul 2)
  • Neuausrichtung des Weiterbildungsmarktes
    (Teile aus Modul 4 und 6)
  • Förderung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Modul 5)
  • Einrichtung von PersonalServiceAgenturen (PSA) (Modul 8)

Die vom Bundestag verabschiedeten Gesetzesänderungen beinhalten (Auszüge):
  • Meldepflicht nach Erhalt der Kündigung, bei befristeten Verträgen drei Monate vor Ende des Jobs. (gehört zur Quickvermittlung Modul 2)
  • Neue Zumutbarkeit – Mobilitätspflicht und dazugehörige neue Sperren und Leistungsminderungen (Modul 3), sowie die Umkehrung der Beweislast (Modul 3)
  • Mini-Ausbildung – Qualifizierungsbausteine für Jungendliche (Modul 4)
  • Bridge-System (nun: Brückengeld) und Lohnzuschuss (nun: Entgeltsicherung) für ältere Menschen (Modul 5)
  • Einführung des Bildungsgutscheins für Weiterbildungsmaßnahmen und Neuausrichtung der Weiterbildung, plus Zertifizierung (Modul 6)
  • Einrichtung von PersonalServiceAgenturen (Modul 8)
  • Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (Leiharbeit) (Modul 8)
  • Privatisierung der Arbeitsvermittlung (Dritte beauftragen, bezüglich PSA, Profiling und Coachingmaßnahmen) (Modul 8)
  • Kürzung des Unterhaltsgeldes (während Umschulung), Anschluss-Uhg gestrichen (!). Sowie Pauschalisierung von: Kinderbetreuungskosten (während Umschulung), Bewerbungs- und Reisekosten, Mobilitätshilfe, Umzugskosten.
  • Förderung der Ich-AG durch „Existenzgründerzuschuss“ (Modul 9)
  • Mini-Job – Geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten (Modul 9)
  • Leistungslohn für die SachbearbeiterInnen (Modul 10)
  • Erhöhte Anrechnung des Einkommens der PartnerIn, sowie Reduzierung des Schonvermögens. (Vorläufer zu Modul 6)

Gesetzliche Änderungen auch bezüglich:
  • Gesetzlicher Krankenversicherung
  • Gesetzlicher Rentenversicherung
  • Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen
  • Soziale Pflegeversicherung

Die Liste ist so umfangreich das wir hier nicht alles zusammenfassen können.

Zusammenfassung einiger Punkte:
(Kein Anspruch auf Vollständigkeit)
Vgl. Broschüre: „Tatort Arbeitsmarkt“
www.gegeninformationsbuero.de/hartz/tatort_arbeitsmarkt.pdf


Vorab: Die Vorschläge der Kommission und was daraus wurde ...

Grundsätzlich ist festzuhalten: Ziel ist die Reduzierung der Arbeitslosenzahlen um zwei Millionen (bis Ende 2005) Ziel ist nicht die Schaffung zwei Millionen zusätzlicher Arbeitsplätze!
„Durch die Verkürzung der Dauer der Arbeitslosigkeit (von durchschnittlich 33 Wochen auf 22 Wochen) um ein Drittel und die Reduzierung des Zugangs (Quickvermittlung, PSA-Leiharbeit, Ich-AG, „Job-Floater“, Neue Zumutbarkeit) können die notwendigen Maßnahmen finanziert werde.“, hieß es schon im Bericht der Kommission. Im wesentlichen sollen die ausgezahlten Gelder an Arbeitslose von 39,3 Milliarden Euro auf 19,6 Milliarden Euro reduziert werden.

Das Wunder der Arbeitslosenhalbierung im Einzelnen, laut Kommission: Flächendeckender Aufbau von PersonalServiceAgenturen 780 000 Arbeitslose weniger. „Neue Beschäftigung“ per Ich-AG 500 000 Arbeitslose weniger. Quickvermittlung und neue Zumutbarkeit 450 000 Arbeitslose weniger. „ganzheitliche Betreuung“ und Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe 230 000 Arbeitslose weniger.

Der Trick mit der Arbeitslosenstatistik, aus dem Koalitionsvertrag:

„Wir werden eine international vergleichbare Arbeitsmarktstatistik schaffen, in der nur Personen, die auch tatsächlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, erfasst werden.“

Die Statistik nach dem Standard der Internationalen Organisation für Arbeit (ILO) erfasst zum Beispiel nur die gemeldeten Arbeitslosen, die sich aktiv um einen Job bemühen, weniger als eine Stunde pro Woche arbeiten und sofort für eine Stelle verfügbar sind. Nach EU-Maßstäben betrug die Arbeitslosenquote im September 2002 8,3 Prozent während die BA-Statistik eine Quote von 9,5 Prozent auswies. Durch statistische Änderungen ließe sich die Arbeitslosigkeit auf einen Schlag um rd. 1,2 Millionen Personen verringern.


1. JobCenter (Modul 1)

Vorschlag: Arbeitsamt wird zum JobCenter! Integration aller arbeitsmarktrelevanten Beratungs- und Betreuungsleistungen (zum Beispiel Sozialamt, Jugendamt, Wohnungsamt, Sucht- und Schuldnerberatung) Vermittler konzentrieren sich auf Betriebskontakte und Akquisition neuer Stellen

Umsetzung: Das Arbeitsamt kann Sozialdaten für Sozialhilfeempfänger erheben, verarbeiten und nutzen, soweit sie für den Betrieb der gemeinsamen Anlaufstelle erforderlich sind (Paragraph 402). Eine Parallelregelung findet sich im BSHG (Paragraph 18). Weitere Änderungen sollen folgen. „(...) die JobCenter sollen eine gemeinsame Anlaufstelle des Abreitsamtes und der örtlichen Träger der Sozialhilfe umfassen und die dem Arbeitsamt von den örtlichen Trägern der Sozialhilfe übertragenen Aufgaben war nehmen.“ Organisatorische Zusammenlegung verschiedener Zuständigkeiten Arbeitsamt/Sozialamt und Vorstufe („Harmonisierung“) für die sog. Zusammenlegung/-führung beziehungsweise Streichung von Alhi/Sozi, sowie im Bezug aufs zentrale Datenarchiv.


2. Quickvermittlung und neue Meldepflicht (Modul 2)

Vorschlag: Personen mit Familie erhalten Priorität bei der Vermittlung – keine gesetzliche Regelung. Bonussystem für Vermittler/Team. Meldung beim JobCenter bereits zum Zeitpunkt der Kündigung.

Umsetzung: Verordnungsermächtigung für leistungsorientierte Bezahlung (Leistungslohn für SachbearbeiterInnen). Sowie Paragraph 37b „Personen (...) sind verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Im Fall eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung (jedoch frühestens) drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen.“

Paragraph140 Bei nicht unverzüglicher Meldung erfolgt eine ALG-Kürzung (für maximal 30 Tage) um Bemessungsentgelt bis 400 Euro – sieben Euro pro Tag (für die Dauer des ALG); Bemessungsentgelt bis 700 Euro – 35 Euro pro Tag (für die Dauer des ALG); Bemessungsentgelt über 700 Euro – 50 Euro pro Tag (für die Dauer des ALG).

Gegenüber dem Arbeitgeber wird ihnen ein arbeitsrechtlicher Freistellungs-/Entgeltfortzahlungsanspruch (Paragraph 629a BGB) eingeräumt (für Stellensuche, Vermittlungsaktivitäten, Maßnahmen der Eignungsfeststellung, Trainingsmaßnahmen, berufliche Weiterbildung der BA). Der Freistellungsanspruch beträgt höchstens vier Arbeitstage (bei bis zu zweijährigem Arbeitsverhältnis), sieben Arbeitstage (bei zwei und mehr Jahren), zehn Arbeitstage (bei fünf oder mehr Jahren). Dem/Der ArbeiterIn ist zudem Urlaub zu den genannten Zwecken zu gewähren.


3. Neue Zumutbarkeit – Mobilitätspflicht (Modul 3)

Vorschlag: Beweislastumkehr bei Job-Ablehnung. Schaffung flexibler Handhabungsmöglichkeiten für Sperrzeiten Finanzielle Zumutbarkeit wie heute. Bundesweite Mobilitätsbereitschaft ab dem 7. Monat – Alleinstehende bereits ab dem 4. Monat – der Arbeitslosigkeit.

Umsetzung: Beweislast wird umgekehrt (gültig für alle „Ereignisse“ nach in Kraft treten des Gesetzes). Die Beweislast wird neu verteilt; sie liegt beim Arbeitslosen „für Tatsachen, die in seine Sphäre oder Verantwortung fallen“ (Paragraph 144).

Neue Zumutbarkeit: Finanzielle Zumutbarkeit wie heute
(siehe oben). Nach wie vor gilt: finanziellen Zumutbarkeit (vgl. 8. PSA-Leiharbeit). Also die Verpflichtung (Zumutbarkeit) einen Job mit geringerem Lohn als zuvor anzunehmen.
  • 80 Prozent Bemessungsentgelt (1. bis 3. Monat)
  • 70 Prozent Bemessungsentgelt (4. bis 6. Monat)
  • Netto in Alg-Höhe (ab 7. Monat)
Umzug zumutbar für Arbeitslose ohne familiäre Bindung bereits mit Beginn der Arbeitslosigkeit. Paragraph121 Absatz 4, „wenn nicht zu erwarten ist, dass der Arbeitlose innerhalb der ersten drei Monate eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereich (idR 2,5 Stunden/Tag) aufnehmen wird“ beziehungsweise findet, ist mit Beginn der Arbeitslosigkeit ein Umzug zumutbar. Ab dem vier Monat ist ein Umzug generell zumutbar! Ausnahme: eventuell wichtiger Grund aus „familiären Bindungen“.

Sperrzeiten (Paragraph 144)
(3) „Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen.“ Sie verkürzt sich auf drei Wochen, wenn der Job sechs Wochen später eh zu Ende gewesen wäre. Sie verkürzt sich auf sechs Wochen, wenn der Job zwölf Wochen später eh zu Ende gewesen wäre.

(4) „Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung, wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme oder wegen Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme beträgt drei Wochen.“

Bei Abbruch der Eingliederungsmaßnahme:
Drei Wochen wenn die Eingliederungsmaßnahme zwölf Wochen später eh zu Ende gewesen wäre, oder diese nur auf sechs Wochen befristet war, oder bei erstmaligem Vergehen (Arbeitsablehnung, Ablehnung einer Maßnahme). Sechs Wochen wenn die Eingliederungsmaßnahme sechs Wochen später eh zu Ende gewesen wäre, oder diese nur auf zwölf Wochen befristet war, oder bei zweiter Ablehnung und bei weiteren zwölf Wochen (Arbeitsablehnung, Ablehnung einer Maßnahme).

Wichtig: bisherige Rechtslage sagt aus, bei angesammelten Sperrzeiten von zusammen 24 Wochen entfällt der Anspruch auf Leistungen. Nun bereits nach 21 Wochen!


5. Mini-Ausbildung – Qualifizierungsbausteine für Jungendliche (Modul 4)

Vorschlag: AusbildungsZeit-Wertpapier (Privatfinanzierung der (Aus)Bildung/Studium), Umsetzung erfolgt über eine Stiftung. Derzeit keine gesetzliche Regelung vorgesehen. Qualifizierungsbausteine/Mini-Ausbildung für Jugendliche.

Umsetzung: Das Berufsausbildungsgesetz wird um die „Berufausbildungsvorbereitung“ erweitert. Dabei geht es um eine Berufsbildungsvorbereitung „mit dem Ziel, an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder einer gleichwertigen Berufsausbildung heranzuführen“. Im Zusammenhang mit den sog. „Qualifizierungsbausteinen“ vom Arbeitsamt und der die Mini-Ausbildung, (vgl. Änderungen in der Ausbildungsordnung).

Richtet sich an: „lernbeeinträchtigte oder sozial benachteiligte Personen, deren Entwicklungsstand einer erfolgreichen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf noch nicht erwarten lässt.“ (zum Beispiel so genannte SchulabbrecherInnen). Und beinhalten eine „umfassende sozialpädagogische Betreuung und Unterstützung“.

Inhalt: „Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit“. „Lerneinheiten, die aus den Inhalten anerkannter Ausbildungsberufe oder einer gleichwertigen Berufsausbildung entwickelt werden (Qualifizierungsbausteine).“ Jugendliche erhalten dafür eine „Bescheinigung“.

Möglich in: Betrieben oder bei Anbieter solcher Qualifizierungsbausteine.


6. Ältere Menschen ab 55 Jahre

Vorschlag: Lohnversicherung soll älteren ArbN (ab 55) für erste Jahre nach Entlassung Teil des Einkommensverlustes bei Niedriglohnbeschäftigung ersetzen (Leistungen der Entgeltsicherung). Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten für Ältere. BridgeSystem: Ältere ArbN können sich aus JobCenter-Betreuung verabschieden – sie erhalten dann kostenneutrale monatliche Leistungen mit vollem Sozialversicherungsschutz.

Umsetzung:
a. Lohnzuschuss – Entgeltsicherung (Modul 5)

Voraussetzung: Ab 55 Jahre. Anspruch auf ALG oder ALG-Restanspruch von mindestens 180 Tagen. Wenn Arbeitslose „eine tariflich beziehungsweise ortsüblich entlohnte Beschäftigung aufnehmen und dadurch ihre Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden.“

Höhe: 50 Prozent der Nettoentgeltdifferenz (zwischen pauschalisierten Bemessungsentgelt für ALG und neuem pauschalisierten Nettolohn). Bei weniger Arbeitszeit im neuen Job wird das eingerechnet beziehungsweise eben weniger.

Zeit: so lange wie ALG-Anspruchszeit (ab Aufnahme der Arbeit, abgelaufene Zeiten werden eingerechnet)

Nicht wenn: Lohnzuschuss weniger als 50 Euro wäre. Oder der neue Job beim alten Arbeitgeber wäre (bezüglich der vorherigen vier Jahre und länger als drei Monate versicherungspflichtig (!) beschäftigt (außer: „Schwerbehinderte“). Ebenso nicht bei Personalumstellungen mit geringerem Lohn. Oder wenn Altersrente bezogen wird. Der Lohnzuschuss für Neuanträge ist nur bis zum Ende 2005 vorgesehen ist. (Leistungsbezug bis maximal 31. August 2008).

Arbeitgeber die Arbeitlose ab 55 Jahre einstellen, werden „von der Beitragstragung befreit“! (Ausstieg aus der paritätische Beitragsfinanzierung)

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz wird dahingehend geändert, das nun ein befristeter Vertrag ohne sachlichen Befristungsgrund und ohne zeitliche Höchstgrenze ab 50 Jahre möglich ist (bisher ab 58 Jahre).

b. Bridge-System – Brückengeld (Modul 5)
(Entfällt, vgl. Änderungen zu Beginn des Textes)

Voraussetzungen: 55. Lebensjahr vollendet und einen ALG-Anspruch von mindestens 24 Monaten. Davon maximal bereits drei Monate ALG bezogen (bei Leistungszugang bis spätestens Ende 2004) und gegenüber dem Arbeitsamt erklären das sie „nicht mehr arbeitsbereit sind und aus dem Arbeitleben ausscheiden wollen“.

Leistungen: sozialversicherungspflichtiges (Beitragstragung: BA) und steuerfreies (aber dem Progressionsvorbehalt unterliegendes) Brückengeld (Paragraph 421l).

Zeit: Anspruch auf Brückengeld besteht für längstens 60 Monate (maximal bis zum frühest möglichen Altersrentenanspruch).

Höhe: Es wird in Höhe des halben ALG-Leistungssatzes für die gesamte Anspruchsdauer (auch bei Arbeitsunfähigkeit) gezahlt.


7. Berufliche Weiterbildung (Modul 6)

Im Mittelpunkt der Neuregelung der beruflichen Weiterbildung steht die Einführung von Bildungsgutscheinen; hierbei handelt es sich um einen Bescheid, mit dem das Vorliegen der Fördervoraussetzungen festgestellt wird (d.h. um Unterhaltsgeld / Uhg zu bekommnen).

Der Witz dabei ist: Das Arbeitsamt kann den Bildungsgutschein auf bestimmte Bildungsziele oder regional begrenzen. Also, künftig erst mal in die Listen der geförderten Weiterbildungen gucken und wo diese möglich sind. Träger und Maßnahmen werden zudem durch externe Zertifizierungsagenturen geprüft. Die Qualitätsprüfung der Bildungsträger beinhaltet: Eingliederungserfolg!

Das Anschluss-Uhg (maximal drei Monate) wird abgeschafft .
(Neuanträge, nicht für vorher bewilligte oder laufende Maßnahmen)

Das Unterhaltsgeld (Uhg) für Alhi-BezieherInnen (bisher 67 Prozent mit Kind, 60 Prozent ohne Kind) wird auf die Höhe der zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe gekürzt (ohne Übergangsfrist (Paragraph 434g (4)) Sie entspricht also der Höhe der zuvor bezogenen Leistungen! (Gültig für alle nach in Kraft treten des Gesetzes – rückwirkend, „überzahlte Leistungen“ werden wieder eingefordert, heißt es)

Beachte: unter 14. Jährliche Absenkung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) um drei Prozent – wirkt sich also auch aus auf die Neuregelung der Uhg-Höhe aus!

Die Zeiten des Bezugs von Uhg werden zur Hälfte auf die Dauer eines (nach der Weiterbildung) folgenden Rest-ALG-Anspruchs angerechnet, soweit dadurch der verbleibende ALG-Anspruch nicht auf eine Dauer von weniger als einen Monat sinkt (Paragraph 128).
Förderungsanspruch besteht: wenn zuvor zwölf Monate versicherungspflichtig gearbeitet wurde oder Anspruch auf ALG oder Alhi besteht! Ansonsten muss ebenso erfüllt sein: nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig, betriebliche Lernphasen vorgesehen sind, sich auf erforderlichen Umfang beschränken, wenn sie um mindesten 1/3 gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung verkürzt ist und falls dies nicht möglich ist wird nur maximal 2/3 der Zeit gefördert!
Generell ausgeschlossen sind: Bildungsmaßnahmen die „Wissen vermitteln, das dem von allgemein bildenden Schulen angestrebten Bildungsziel oder den berufsqualifizierenden Studiengängen an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten entspricht“, sowie Berufs-Anerkennungspraktika.


8. Zur PersonalServiceAgentur (PSA) und Leiharbeit (Modul 8)

Vorschlag: Einrichtung von PSA und „vermittlungsorientierte Leiharbeit“, Deregulierung des AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – Synchronisationsverbot, Dauer etc.). Arbeitslose sind (im Rahmen der neuen Zumutbarkeit) zur PSA-Leiharbeit verpflichtet. Netto-Entgelt während einer „Probezeit“ (Klebeeffekt á la Hartz) in Alg-Höhe – anschließend PSA-Lohn.

Umsetzung: Paragraph 37c Jedes Arbeitsamt hat mindestens eine PSA (Leiharbeit, Qualifizierung, Weiterbildung) einzurichten. Mit folgender Rangfolge der Optionen:

AA-Vertrag mit erlaubt tätigen Verleihern (AA-Vertrag) oder
AA-Beteiligung an Verleihunternehmen (AA-Beteiligung) oder
AA gründet eigene PSA (AA-Gründung).

Für die Tätigkeit der PSA-Leiharbeitsfirma kann ein Entgelt vereinbart werden. Die PSA sollen auf der Grundlage der bereits bestehenden 33 beziehungsweise noch bis Ende nächsten Jahres zu erarbeitenden Tarifverträge für Arbeitnehmerüberlassung / Leiharbeit arbeiten (zum Beispiel 6,21 Euro/brutto).

Paragraph 37c (3) Das Arbeitsamt darf einen Vertrag zur Einrichtung einer PSA nur schließen, wenn sich die Arbeitsbedingungen (einschließlich Arbeitsentgelt) der dort Beschäftigten bis zum 1. Juli 2003 nach (irgend) einem Tarifvertrag für Arbeitnehmerüberlassung richten.

Für Neuverträge ab dem 1. Juli 2003 gelten die Neuregelungen des AÜG, die eine Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer mit den Stammbeschäftigten hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Arbeitsentgelt vorsehen soll. Vom „Grundsatz der Gleichbehandlung“ kann allerdings durch einen für den Verleiher geltenden Tarifvertrag abgewichen (!) werden.

Paragraph 3 „(...) es sei denn ein für den Verleiher geltender Tarifvertrag lässt abweichende Vereinbarungen zu oder der Verleiher gewährt zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer für die Überlassung an einen Entleiher für die Dauer von insgesamt höchstens sechs Wochen mindestens ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, den der Leiharbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hat.“

Ebenfalls werden im Gegenzug zur Einführung der grundsätzlichen „Gleichbehandlung“ die besonderen Schutznormen des AÜG (besonderes Befristungsverbot, Wiedereinstellungs-
verbot, Synchronisationsverbot sowie Beschränkung der Überlassungsdauer) aufgehoben.

Info:
Bis zum 1. Januar 2004 soll das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (ANÜG) grundsätzlich weiter gelten. Bis dahin sollen Gewerkschaften und die Zeitarbeitsbranche neue Tarifverträge erarbeiten. Danach treten die Regelungen des ANÜG außer Kraft. Solange gilt die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (Leiharbeit), also für eine Übergangszeit von einem Jahr. Während dieser Zeit sollen die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit haben, durch einen zügigen Abschluss tarifvertraglicher Regelungen insgesamt zu einer Neuordnung der Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer zu gelangen.

Bisherige Beschränkungen für Leiharbeit im Baugewerbe werden ab sofort aufgehoben (Bauhauptgewerbe). Außerdem gilt zudem für Betriebe des Baugewerbes mit Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des europäischen Wirtschaftsraums, dass auch dann Leiharbeit gestattet ist, wenn diese nicht vom „deutsche Rahmen- und Sozialkassentarifvertrag oder für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge“ erfasst werden.

In dem Zusammenhang sei noch erwähnt: die oben genannte „Tarifbindung“ gilt nur für die Zeit, in der der/die LeiharbeiterIn im Betrieb arbeitet, in den er/sie ausgeliehen wurde: „für die Zeit der Überlassung“. Ansonsten heißt es, bezüglich der verleihfreien Zeit im Zusammenhang mit der Nachweispflicht müsse ein Nachweis erbracht werden über die „Art und Höhe der Leistungen für Zeiten, in denen der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist.

Paragraph 37c Personal-Service-Agentur
(1) Jedes Arbeitsamt hat mindestens eine Personal-Service-Agentur (PSA) einzurichten. Aufgabe der Personal-Service-Agentur ist insbesondere, eine Arbeitnehmerüberlassung zur Vermittlung von Arbeitslosen in Arbeitsplätze durchzuführen sowie ihre Beschäftigten in verleihfreien Zeiten zu qualifizieren und weiterzubilden.

PSA inklusive Weiterbildung/Qualifizierung in der verleihfreien Zeit: Wie-bewerbe-ich-mich-richtig-Kurs, Leiharbeit (Praxisorientierte Weiterbildung), gemeinnützige Arbeit (soziale Kompetenzen fördern) und Qualifizierungsmodul/-baustein. Das Ganze ist dann 1/3 billiger als eine bisherige Weiterbildung, auf zwölf Monate gerechnet. (Vergleiche unter 7. Berufliche Weiterbildung)

PSA-Leiharbeit und die von Hartz bezeichnete „Neutralisierung des Kündigungsschutzes“ ein Fazit:
  • Arbeitslose sind (im Rahmen der neuen Zumutbarkeit) grundsätzlich zur Aufnahme einer PSA-Leiharbeit verpflichtet.
  • In den ersten sechs Monaten erhalten Arbeitslose ein Nettoentgelt in Alg-Höhe – danach PSA-Lohn (nach irgendeinem Tarifvertrag für Arbeitnehmerüberlassung).
  • Leiharbeit ersetzt „Normalarbeitsverhältnisse“!
  • Ausnahmeregelungen für das Baugewerbe.
  • Aufhebung des Synchronisationsverbots, Aufhebung der Höchsteinsatzdauer von zwei Jahren
  • Neue Zumutbarkeit und individuelle Leistungskürzungen werden flexibel umsetzbar
  • Kündigungsschutz (in den Betrieben) wird unterlaufen
  • Gewerkschaften obliegt die tarifliche Regulierung von PSA-Leiharbeit (es gibt aber keine zentrale PSA-Holding, also auch nicht einen, sondern eine Fülle von einzelnen Tarifverträgen für Leiharbeit).
PSA – Ausweitung der Leiharbeit ein Fazit:

Ein/e Arbeitslose/r unter Beachtung:

1. der finanziellen Zumutbarkeit – 80 Prozent Bemessungsentgelt (1. bis 3. Monat) – 70 Prozent Bemessungsentgelt (4. bis 6. Monat) – Netto in Alg-Höhe (ab 7. Monat)

Dazu ein Beispiel (StKl I, alter Bruttolohn/Stunden 13 Euro bei einer 35-Stunden-Woche): zumutbarer Stundenlohn:
  • 10,40 Euro in den ersten drei Monaten Arbeitslosigkeit
  • 9,10 Euro im 4. bis 6. Monat der Arbeitslosigkeit,
  • 6,50 Euro ab dem 7. Monat der Arbeitslosigkeit;
2. der geografischen Zumutbarkeit, also der Verpflichtung bundesweit (!) mobil zu sein, sowie

3. der („Mitwirkungs-“) Pflicht zur PSA-Leiharbeit kommt nun zu einer PSA ...

In der PSA findet er folgende Arbeitsbedingungen vor: „Gleichbehandlung“ mit anderen in der Leiharbeitsfirma. Allerdings: sechs Wochen Nettoentgelt in Alg-Höhe. Sein Lohn entspricht (irgend) einem Tarifvertrag der Leiharbeit (Arbeitnehmerüberlassung) wie zum Beispiel randstadt mit 6,20 Euro während der „verliehen Zeit“. Entleiher (Haus-)Tarifvertrag für Arbeitnehmerüberlassung ermöglicht abweichende Regelungen! Entlohnung Zur Verleihfreie Zeit: keine gesetzliche Regelung!


9. Ich-AG und Mini-Job (Modul 9)

Vorschlag: Reduzierung der „Schwarzarbeit“ per Ich-AG (AA-Zuschüsse, Pauschalsteuer zehn Prozent, Verdienstgrenze 25 000 Euro, SVPflicht, Einsatz in Betrieben 1:1 („selbständige MitarbeiterIn“) in Privathaushalten keine Beschränkung. Dienstleistungen in Privathaushalten durch Mini-Jobs (bis 500 Euro mit zehn Prozent SV-Pauschale). Die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen wird steuerlich absetzbar (Dienstmädchenprivileg).

Umsetzung:
a. Existenzgründungszuschuss (Ich-AG)

Voraussetzung: ArbeiterInnen mit ALG oder Alhi Anspruch oder vorangegangener Förderung durch ABM beziehungsweise SAM), die „durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ihre Arbeitslosigkeit beenden“ (Fördereintritt spätestens Ende 2005), sofern sie keine ArbN (Ausnahme: mithelfende Familienangehörige – sie haben aber keinen ArbeitnehmerInnenstatus!) beschäftigen und ihr Arbeitseinkommen aus der Tätigkeit voraussichtlich 25 000 Euro (im Jahr – zirka 2080 Euro im Monat) nicht überschreiten wird (Paragraph 421m).

Wichtig: „gleichzeitig eventuell erzieltes Arbeitsentgelt“ zum Beispiel durch „Nebenjob“ zu Ich-AG, wird in die Berechnung einbezogen.

Höhe: Der Zuschuss wird für jeweils ein Jahr bewilligt und längstens für drei Jahre erbracht; er beträgt im ersten Jahr monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr 360 Euro und im dritten Jahr 240 Euro (monatliche für die „Förderung maßgebliche Obergrenze“). Wird jährlich bewillig. Liegen Sperrzeiten vor verkürzt sich die Dauer der Förderung. Näheres über Fördervorrausetzungen, Umfang (also Höhe) und Verfahren der Förderung regelt die Bundesanstalt für Arbeit selbst (Ermächtigung dafür wurde per Gesetz erteilt).
Keine Förderung: wenn Überbrückungsgeld (Paragraph 57) gezahlt wird.

Sonstiges: Es besteht gesetzliche Rentenversicherungspflicht. Als beitragspflichtige Einnahmen werden von Amts wegen 50 Prozent der Bezugsgröße zugrunde gelegt; für die gesetzliche Krankenversicherung gilt ein besonderer Mindestbeitrag (tägliche Bemessungsgrundlage ist 1/60 der monatlichen Bezugsgröße – der Kalendermonat wird zu 30 Tagen berechnet). Für die Dauer des Bezugs gelten diese Personen als Selbständige (auch wenn sie de facto scheinselbständig tätig sind). Befristet bis Ende 2005 (wie Brückengeld/Bridge-System).

b. Mini-Job (Modul 9)(Vergleiche die Änderungen zu Beginn des Textes)

Geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten

Definition: eine geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten, sind solche, die durch einen Privathaushalt begründet werden und deren Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des Privathaushalts erledigt wird (Paragraph 8a SGB IV). Dann gelten die allgemeinen Regelungen für geringfügige Beschäftigungen (Paragraph 8 SGB IV) mit folgenden Ausnahmen (Paragraph 8a SGB IV).
  1. Die Entgeltschwelle wird von 325 Euro auf 500 Euro erhöht.
  2. die Arbeitszeitschwelle von (unter) 15 Wochenstunden findet keine Anwendung
Die Sozialversicherungspauschale des Arbeitgebers beträgt statt 22 Prozent nur zehn Prozent des Arbeitsentgelts dieser Beschäftigung (fünf Prozent Rentenversicherung, fünf Prozent Krankenversicherung).

Wie bereits bei geringfügiger Beschäftigung kann der/die ArbeiterIn die Differenz zwischen dem aktuellen RV-Beitragssatz (jetzt: 19,5 Prozent) und dem Arbeitgeber-Pauschalbeitrag von fünf Prozent alleine tragen.

Der Witz dabei ist allerdings: Geringfügige Beschäftigungen (Paragraph 8) einerseits und geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten (Paragraph 8a) andererseits werden nicht zusammengerechnet, d.h. sie sind parallel zueinander möglich. Im Ergebnis werden damit Arbeitsverhältnisse mit einem Lohn bis zu einem monatlichen Betrag von zusammen 825 Euro quasi sozialversicherungsfrei dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt (Ausstieg aus der paritätischen Beitragsfinanzierung).

Dazu kommt auch: Falls festgestellt wird, dass die Voraussetzungen der Geringfügigkeit nach Paragraph 8 oder Paragraph 8a nicht mehr vor liegen, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tage der Bekanntgabe der Feststellung (durch die Einzugsstelle) ein. D.h. nicht mehr rückwirkend, was bewirkt, dass keine Beitragsnachforderungen von Seiten des/der ArbeiterIn mehr möglich sind. Was Lohnfortzahlungen beim Minijob betrifft, ist die Krankenkasse der Bundesknappschaft zuständig. (Änderung des Lohnfortzahlungsgesetzes Paragraph 10 Absatz 3)

Steuerliche Absetzbarkeit:
zehn Prozent der Aufwendungen – maximal 360 Euro (Dienstmädchenprivileg).


11. MigrantInnen / Flüchtlinge

Wer „vorsätzlich“ einem „Ausländer“ Arbeit gibt, der/die keinen „Aufenthaltstitel“ (nach Paragraph 4 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetztes) besitzt, „zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer stehen“, wird „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Eingliederungshilfen erhalten MigrantInnen und Flüchtlinge nur wenn sie „unanfechtbar als Asylberechtigte anerkannt sind“ oder eine „Aufenthaltserlaubnis“ haben aus „völkerrechtlich oder humanitären Gründen“, oder aufgrund politischen Asyls.

Der Anspruch auf „Eingliederungshilfe für besondere Personengruppen“ besteht nur einmal.

Und nicht für die Tage an denen sie „ohne wichtigen Grund an dem Integrationskurs (zum Beispiel Deutschkurs) oder der Maßnahme der beruflichen Weiterbildung nicht teilnehmen“. Dazu gehört auch ein: Bonushonorar an Maßnahmenträger bei erfolgreicher Eingliederung!


12. Änderung des Job-Aqtiv-Gesetz

im wesentlichen: Profiling und Eingliederungsvereinbarungen, sowie „Zielsetzung der Integration“ werden Pflichtprogramm für alle! (zum Beispiel Profiling- und Coachingmaßnahmen). Die „Förderangebot“ der Arbeitsämter knüpfen an die individuellen Beschäftigungsfähigkeiten an („erweiterte Vermittlungschance“) und fordern Aktivitäten der arbeitlosen Menschen gezielt an. Zum Beispiel X Bewerbungen und Bewerbungsstrategien.

Grundprinzip: Ohne Leistung keine Gegenleistung, „Fördern und Fordern“.


13. Zusammenführung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe

Vorschlag: Künftig dreigliedriges Leistungssystem: Arbeitslosengeld I (Versicherungsleistung, aber ohne Dynamisierung/Lohnanpassung). Arbeitslosengeld II (steuerfinanziert und bedürftigkeitsabhängig – auch „armutsfeste“ Leistung oder „Eingliederungsgeld“ genannt) für alle „erwerbsfähigern“, die keinen Alg I-Anspruch (mehr) haben, auch „erwerbsfähige“ Sozialhilfe-Empfänger. „Sozialgeld“ o.ä. für „nicht erwerbsfähige“ Personen.

Info: Hier könnte ebenso das Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung („dauerhaft voll erwerbsgeminderte“, sowie RentnerInnen und „Behinderte“) (GSiG), das am 1. Januar 2003 in Kraft tritt und von der Öffentlichkeit fast unbemerkt verabschiedete wurde, zu Grunde gelegt werden.

Erste Schritte: Alle „Entgeltersatzleistungen“ werden nicht mehr an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst (Entdynamisierung).

Arbeitslosengeld: 50 Prozent-Anrechnung von Uhg-Zeiten. Siehe berufliche Weiterbildung und Uhg (Unterhaltsgeld).

Arbeitslosenhilfe: Drastische Kürzung durch geringeres Schonvermögen und stärkere Anrechnung des Partner-Einkommens. Das Uhg für Alhi-Bezieher (bisher 67 Prozent/60 Prozent) wird auf Höhe der Alhi gekürzt. Siehe berufliche Weiterbildung und Uhg (Unterhaltsgeld).
  1. Der vom Partnereinkommen absetzbare Freibetrag in Höhe des steuerlichen Existenzminimums (Monatsbetrag) für einen Alleinstehenden (2002: 602,92 Euro/Monat) wird auf 80 Prozent des Existenzminimums (2002: 482,33 Euro) gekürzt (Paragraph 194)

  2. Der bisher vom Partnereinkommen zusätzlich absetzbare Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 25 Prozent des Existenzminimums für einen Alleinstehenden (2002: 150,73 Euro/Monat) wird gestrichen (Paragraph 194).

  3. Der Vermögensfreibetrag pro Person (Arbeitsloser, Partner) und Lebensalter sinkt von 520 Euro auf 200 Euro. Der Höchstbetrag des Schonvermögens pro Person sinkt von 33 800 Euro auf 13 000 Euro. – Für Personen, die bei Inkrafttreten der Neuregelung das 55. Lebensjahr vollendet haben, gelten die bisherigen Vermögensfreibeträge weiter.
Daher: zirka 27 Prozent daher zirka 460 000 BezieherInnen von Alhi fallen raus!

Sowie die jährliche Absenkung der Arbeitslosenhilfe (Alhi) um drei Prozent

Paragraph 200: Das „Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe, das sich vor der Rundung ergibt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehend des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe um drei Prozent abgesenkt“. Die Alhi darf aber nicht unter 50 Prozent der Bezugsgröße fallen. Die Bemessungsgrundlage für die Krankenversicherungsbeiträge von Alhi-EmpfängerInnen wird ebenfalls auf den Zahlbetrag der Alhi gesenkt.

Ausnahme: Die Absenkung unterbleibt nach erneuter Bewilligung für ein Jahr, wenn mindestens sechs Monate an einer: Maßnahme zur Förderung der Berufsausbildung oder einer beruflichen Weiterbildung oder einer Reha-Maßnahme teilgenommen wurde. Sowie wenn eine „mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ununterbrochen ausgeübt“ wurde. Dies wird einmal berücksichtigt.

These: Die Formulierung „seit dem Entstehen des Anspruchs“, könnte für Langzeitarbeits-lose (die Alhi erhalten) bedeuten, dass dies rückwirkend auf alle Jahre gerechnet wird.

Was eine drastische Senkung der Arbeitslosenhilfe, bis oder auch unterhalb des Sozialhilfesatzes, für Langzeitarbeitlose bedeuten würde.

Weitere Planungen beinhalten die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (Modul 6). Was beinhaltet dieses Vorhaben? Wir dokumentieren an dieser Stelle Auszüge aus dem Bericht des Teilprojekts II, das sich mit der „Reform“ der Entgeltersatzleistungen und der Zusammenlegung von Arbeitslosen und Sozialhilfe befasst. (Handlungsempfehlungen der Kommission)

siehe: Teil II Die sogenannte Zusammenlegung
der Arbeitslosen- und Sozialhilfe


Hinweis:
Die Arbeitnehmerkammer Bremen hat ein sehr anschauliches Folienmaterial zur 1:1-Umsetzung erarbeitet. Es eignet sich sehr gut für Informationsveranstaltungen zur visuellen Verdeutlichung.

pdf-download – Die 13 Hartz-Module ... und was daraus wurde. Foliensatz zur Umsetzung der Kommissions-Vorschläge (Stand: 15. November 2002)


Als dann ...
Gegeninformationsbüro / Berlin
Dezember 2002
 18. Dezember 2002