  | 
  | 
  | 
  | 
Endlich weg damit! NPD-Zentrale abreißen. Abschiebeknäste abschaffen. 
 www.koepenick-kampagne.antifa.de 
  17. Mai 2004 
  
Es gibt einen deutschen Alltag abseits von EM-Fieber und der neuesten Haushaltsmisere: 
Beinahe jedes Wochenende finden Nazi-Aufmärsche in der Bundesrepublik statt, 
täglich werden im Schnitt über hundert Menschen staatlich abgeschoben. 
Dies geschieht nicht irgendwo im luftleeren Raum und nicht ohne Zusammenhang. 
Das sind deutsche Realitäten mit System. Es geschieht im Interesse der herrschenden 
Politik, die sich dabei auf ein ruhiges Hinterland des rassistischen Konsens in 
dieser Gesellschaft stützen kann.
  
Diese Realitäten wollen wir sichtbar machen, das System ankreiden. Wir 
wollen das ruhige Hinterland aufmischen und den rassistischen Normalzustand durchbrechen.
  
Am 6. Juni 2004 gehen wir gegen die Partei-Zentrale der NPD und den Abschiebeknast 
Grünau in Berlin-Köpenick auf die Straße und sagen: Endlich weg 
damit!
 
  
 Close down Abschiebeknäste 
 
Vor neun Jahren wurde das ehemalige DDR-Frauengefängnis in Köpenick/Grünau 
als Abschiebeknast in Betrieb genommen. Seither werden dort jährlich rund 
5000 Flüchtlinge und andere MigrantInnen inhaftiert, um sie anschließend 
in ihre vermeintlichen Herkunftsländer, oder „sichere Drittstaaten“ 
zu deportieren. 
 
Der Knast in Grünau ist einer von vielen Schauplätzen des täglichen 
Lebens und Sterbens in der Warteschleife des staatlich institutionalisierten BRD-Rassismus. 
Während ihrer oft monatelangen Abschiebehaft sind die Insassen permanentem 
Psycho-Terror ausgesetzt. 
 
Sie werden weder über den Stand ihres Verfahrens aufgeklärt, noch erhalten 
sie ausreichende medizinische Versorgung. Sie müssen unhygienische Zustände 
ertragen, Behördenwillkür und ständige Schikane durch das Gefängnispersonal 
erdulden. Hinzu kommt das Leben in andauernder Angst vor einer ungewissen Zukunft 
in ihren „Bestimmungsländern“, wo ihnen nicht selten Verfolgung, 
Hunger, Folter oder Krieg droht. Derartige Existenzbedingungen zersetzen zwangsläufig 
jeden Lebenswillen und tragen ihre traurigen Früchte: Suizid(-Versuche) und 
Selbstverletzungen sind an der Tagesordnung. 
 
Die Zustände in deutschen Abschiebeknästen und deren Existenz überhaupt 
sind wohl mit die offensichtlichste Widerlegung eines besonders zivilisierten 
Images, um das sich die BRD nach Innen wie nach Außen bemüht. Die Realität 
sieht anders aus. Der deutsche Staat trägt als einer der aggressivsten Akteure 
des weltweiten Kapitalismus wesentlich zur Verschärfung internationaler Konflikte 
bei – bis hin zur Durchführung eigener Angriffskriege. Die Folgen liegen 
auf der Hand: Menschen müssen aus ihren Herkunftsländern fliehen, weil 
ihnen schlichtweg die Lebensgrundlage entzogen wird. Sie kommen hier her und werden 
weggesperrt, vorsätzlich verwahrlost und dann wieder abgeschoben. 
 
Diese Praxis der Abschreckung und Abwicklung hier unerwünschter Menschen 
ist von der kapitalistischen Verwertungslogik nicht zu trennen. Danach zählt 
ein Mensch nur als Arbeitskraft und Konsument. 
 
Die Entscheidung, wer in Deutschland leben darf, hängt vom Bedarf des Standortes 
ab. In Maßen willkommen sind Menschen mit Qualifikationen, die in der hiesigen 
Industrie zu gebrauchen sind, wie etwa Computer-Spezialisten aus Indien. Gänzlich 
unwillkommen sind hingegen alle, die als Fluchtgrund nichts vorzuweisen haben 
als ihre einfache existentielle Bedrohung. Sie sind für die Hüter der 
kapitalistischen Ordnung nichts als „unnütze Fresser“. 
 
Das tödliche Diktat des Marktes, das Menschen nur an ihrer Verwertbarkeit 
misst, hat die Mehrheit der deutschen Bevölkerung längst verinnerlicht. 
In diesem Kontext können sich Nazis dann folgerichtig als besonders konsequente 
Vollstrecker der Vorgaben, die aus den kapitalistischen Betriebsbedingungen erwachsen, 
darstellen. 
  
 Break Down NPD-Zentrale 
 
Im Jahr 2000 wurde die Bundeszentrale der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands 
(NPD) von Stuttgart in den Berliner Ortsteil Köpenick verlegt. Seit September 
2003 wird nun an- und umgebaut. Noch in diesem Frühjahr soll auf dem Gelände 
der Seelenbinderstraße 42 das „Nationale Bildungszentrum“ (NBZ) 
der Partei eingeweiht werden. 
 
Im April 2003 erklärte NPD-Chef Udo Voigt bereits, dass das Jahr 2003 das 
Jahr der „Schulungen und einer Struktur- und Verbandsreform“ sei. 
Das gerade entstehende Schulungszentrum bildet einen Teil dieses Konzepts. Hier 
soll ein Anlaufpunkt für Nazis aus dem gesamten Bundesgebiet geschaffen werden. 
Gerade „junge Deutsche“ sollen politisch gerüstet werden, um 
in der BRD „eine geistige Revolution zu entfachen“. 
 
Um dazu die entsprechende Infrastruktur bereitstellen zu können, soll in 
dem Gebäude neben einem Seminarraum für bis zu 60 Personen und Zimmern 
zur Unterbringung der wissenshungrigen Kameraden, auch die „nationale Zentralbibliothek“ 
der NPD angesiedelt werden. 
 
Hilfestellung für einen reibungslosen Ablauf der behördlichen Formalitäten 
zum Ausbau der Partei-Zentrale leistete Baustadtrat Dieter Schmitz (SPD). Im März 
2003 erteilte er die Genehmigung für das „NBZ“ und ebnete somit 
den Weg für das Vorhaben der NPD. Mit Gewissensbissen musste er sich dabei 
wohl weniger herumquälen. Schließlich erteile er die Baugenehmigungen 
nicht „nach politischen Sympathien“. Jetzt, wo die NPD aus dem gescheiterten 
Verbotsverfahren praktisch als legale Partei hervorgegangen ist, bemüht man 
sich bei der SPD erst gar nicht mehr um antifaschistische Rhetorik. Der ebenfalls 
sozialdemokratische Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Klaus 
Ulbrecht – Schirmherr des örtlichen Bündnisses für Demokratie 
und Toleranz – und ebenso wenig ein Bauchschmerzen-Sozi spricht die ideologische 
Perspektive unmissverständlich aus: „Alle demokratischen Parteien und 
Vereine müssen sich auf eine stärkere inhaltliche Diskussion mit rechtsextremen 
Kräften einstellen“. 
 
Wenn die örtliche SPD die Entstehung einer Kaderschmiede der extremen Rechten 
also zum Anlass nehmen möchte, um sich verstärkt mit Nazis auseinanderzusetzen, 
so wird sie wohl anhand von deren Programm auf diese zugehen müssen: in den 
Lehrgängen soll es, den Initiatoren zufolge, unter anderem um die Folgen 
„deutschfeindlicher Politik – etwa Globalismus, Überfremdung, 
Bildungskatastrophe und Multikulturalismus“ gehen. Durch eine „gezielte 
Ausbildung“ sollen „diese Deutschen in die Lage versetzt werden, strategisch, 
operativ, taktisch und politisch richtig zu handeln.“ Welchen Beitrag die 
SPD im pluralistischen Meinungsstreit zu diesen Vorhaben leisten wird, bleibt 
abzuwarten.
  
 
 Shut up Deutschland 
 
Die bürgerlichen Parteien nutzen Nazis heutzutage oftmals, um sich nach rechts 
abzugrenzen und sich so demokratisch zu legitimieren. Dies schließt ein 
partielles Zusammengehen auf Zeit jedoch nicht aus. 
 
Ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte ist der so genannte „Asylkompromiss“ 
von 1993: als sich Anfang der 90er das „wiedervereinigte“ Deutschland 
in einem nationalen Taumel befand, häuften sich Nazi-Angriffe auf MigrantInnen 
und deren Unterkünfte. SPD, CDU/CSU und FDP zogen mit einer Grundgesetzesänderung, 
welche die faktische Abschaffung des Rechtes auf Asyl bedeutete, nach und bestätigten 
damit auf parlamentarischem Weg die Pogrome. 
 
Organisierte Nazis hingegen versuchen sich ihrerseits immer wieder als die einzig 
wahre Opposition gegen die herrschenden Verhältnisse zu verkaufen. Mit verbalradikalen 
Attacken, bis hin zu der Forderung nach einer „nationalen Revolution“, 
versuchen sie, tendenziell kapitalismuskritisches Protestpotential für sich 
nutzbar zu machen. Dass es ihnen dabei im Endeffekt darum geht, den Demokratieabbau 
massiv zu forcieren, ohne jedoch den Kapitalismus an sich anzutasten, lässt 
sich geschichtlich und aktuell leicht belegen. 
 
Praktisch ist das Verhalten von Staat und Nazis zueinander letztlich immer eine 
Frage der Dosierung, aber keine prinzipielle. Das Auftreten faschistischer Denkmuster 
ist indes kein Phänomen des rechten Randes, sondern entspringt aus der Mitte 
der gesellschaftlichen Ordnung, die diese notwendig zulässt und begünstigt. 
 
Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung zeigt sich immer wieder 
empfänglich für reaktionäre und rassistische Ideologie und reproduziert 
diese. Sie sind in soweit mitschuldig an allem was in diesem Land passiert, indem 
sie sich dazu verhalten, oder eben nicht. 
 
Durch das Schweigen von Millionen werden die bestehende Verhältnisse abgesegnet. 
Ein Unterschied zwischen den Stichwortgebern in den entsprechenden Positionen 
der Wirtschaft, Politik und Medien und den gleichgültigen Massen besteht 
lediglich im Grad der Verantwortung. Keine Meinung ist auch ein Verbrechen.
  
 
 Resistance Looks Like You! 
 
So übermächtig und perfekt organisiert der Alltagsbetrieb des deutschen 
Kapitalismus heute auch scheinen mag, es treten doch beständig Widersprüche 
auf. So gut, wie es ihnen lieb wäre, haben „die da oben“ längst 
nicht alles im Griff. Der immer weiter forcierte Überwachungsstaat, der fortschreitende 
Abbau demokratischer Grundrechte, die verschärfte Repression gegen politische 
GegnerInnen des Systems – dies alles ist auch ein Zeichen von Schwäche. 
Sie sehen sich eben gezwungen die Unterdrückungsmechanismen immer umfassender 
auszubauen, weil nicht alle Menschen mit den Verhältnissen konform gehen. 
Immer wieder artikuliert sich Widerstand. Zwar erst in Ansätzen und oft nur 
symbolischer Art, er zeigt aber eine Richtung auf und macht Alternativen zum Bestehenden 
denkbar. 
 
So traten Anfang 2003 knapp 70 Häftlinge im Abschiebeknast Grünau in 
Hungerstreik. Sie forderten die sofortige Entlassung von Inhaftierten die aus 
juristischen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, 
aber trotzdem über sechs Monate im Knast sitzen. Außerdem das Ende 
der monatelangen Ungewissheit über ihren Status und die Verbesserung der 
menschenunwürdigen Zustände. Die konkreten Erfolge des Hungerstreiks 
blieben weit hinter den Forderungen zurück, aber es gelang eine größere 
Medienöffentlichkeit herzustellen und auf die katastrophalen Bedingungen 
im Abschiebegefängnis aufmerksam zu machen. 
 
Als ein brandaktuelles Beispiel von erfolgreichem antifaschistischen Kampf lässt 
sich der Protest vom 1. Mai 2004 in Berlin-Friedrichshain anführen, wo es 
durch militantes Vorgehen seit Jahren zum ersten Mal gelang, einen Aufmarsch der 
NPD in Berlin am 1. Mai zu stoppen. 
 
An solche Aktionen gilt es anzuknüpfen. Aber der Widerstand bleibt isoliert 
und letzten Endes wirkungslos, wenn es nicht gelingt, sich über Teilbereiche 
linker Politik hinaus zusammenzuschließen. Und er bleibt wirkungslos, wenn 
nicht immer mehr Menschen in die Kämpfe einbezogen werden und sie zu ihren 
eigenen machen. Es gilt den Kampf gegen Nazis und staatlichen Rassismus zu verbinden 
– immer mit der antikapitalistischen Perspektive im Hinterkopf. Der Widerstand 
sieht immer nur so gut aus wie wir. 
 
Den Nazis eine Lektion erteilen – die Staatsrassisten das Fürchten 
lehren! Für den sofortigen, unbürokratischen Rückbau der NPD-Zentrale! 
Wir machen die Abschiebeknäste dicht!  
 
 
Endlich weg damit! NPD-Zentrale abreißen. Abschiebeknäste abschaffen. 
Bundesweite Demonstration in Berlin. 
 
Sonntag | 6. Juni 2004 | 13 Uhr | S-Bahnhof Köpenick | 
  | 
  |