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Zur Gründung des „Potsdam Center for Transatlantic Security and Military Affairs“


Am 4. März 2002 wurde die Universität Potsdam trotz miserabler Finanzlage um ein An-Institut reicher: „Potsdam Center für Transatlantic Security and Military Affairs“ nennt sich umständlich aber sinnreich die Einrichtung deren Homepage ein Nato-Stern im Verein mit dem Symbol der Universität Potsdam ziert. An allzu breiter Öffentlichkeit scheint das Militärzentrum trotz Internetpräsenz kein Interesse zu haben: Mitten in den Semesterferien fand die Gründungszeremonie in Anwesenheit von hochrangigen Politikern und Militärs statt. Die Studierenden der Universität wurden vorab nicht informiert. Nur eine Zeitungsnotiz in der Märkischen Allgemeinen wies auf die Veranstaltung hin. Die Plätze im Audimax am Neuen Palais waren ausschließlich geladenen Gästen vorbehalten.

Ehrenpräsidenten dieser Stätte akademischer Militarisierung sind Rudolf Scharping und Henry Kissinger. Beide sind geeignet, den Charakter des Instituts zu unterstreichen: Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister, istu.a. verantwortlich für den Militärputsch in Chile 1973 und für Tausende Tote im Vietnamkrieg, weshalb ihm von mehreren Seiten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkiet vorgeworfen werden. Rudolf Scharping war als deutscher Verteidigungsminster beteiligt am grundgesetz- und völkerrechtswidrigen Nato-Angriffskrieg auf Jugoslawien 1999.

Wie im Namen angedeutet, befasst sich das Institut mit den Interessen der deutschen, europäischen (EU) und amerikanischen Außenpolitik. Dabei geht es aber weniger um kritische Reflexion, vielmehr werden in dieser „Denkfabrik“ Interessen definiert und über ihre strategischen Umsetzung im Rahmen einer global agierenden Nato nachgedacht. Damit einher geht die Stärkung der „europäischen Verteidigungsfähigkeit“, sprich weltwite Kriegsführungsfähigkeit, wofür das Zentrum nach dem Willen seiner Gründer und Finanziers beitragen soll.

So forderten auf der Gründungsveranstaltung der Nato-Generalsekräter George Robertson und die Gründungsproffesorin MArgarita Mathiopoulos eine bessere Ausstattung der Militärs, „mit allen haushaltspolitischen Konsequenzen, die daraus resultieren“ (Mathiopoulos). Der militärische Abstand zu Amerika müsse aufgeholt werden. Dies gelte für Europa undinsbesondere für Deutschland: „Die Zeit, da die politische Klasse dem eigenen Land Zweitklassigkeit verordnete ist unwiderruflich vorbei. Deutschland ist eine europäische Zentralmacht – nicht nur geographisch sondern im breitesten Wortsinn.“ Um dieser Rolle gerecht zu werden, und damit die Nato „nicht zu einer besseren Friedenstruppe oder zu einer Art zweiten OSZE degeneriert“ müssten die militärischen Fähigkeiten ausgebaut werden.

Die bessere Kooperation zwischen Rüstungsindustrie und Regierungen ist eines der zentralen Projekte des Potsdam Center.

„Wirdklich global wird die Nato nur, wenn sie zu globaler militärischer Intervention und MAchtprojektion in der LAge ist. Und genau darin liegt eine der Hauptaufgaben der Amerikaner und Europäer in den kommenden Jahren“, so Mathiopoulos weiter. Hier spricht die habilitierte Rüstungslobbyistin, ihrerseits jahrelang Managerin des Rüstungskonzerns British Aerospace, und diktiert der Nato die Interessen. Damit die „globale Machtprojektion“ gelinge, müssen auch die Interessen der Konkurrenz (namentlich der russischen und asiatischen) ausgelotet werden – ebenfalls eine Aufgabe, der sich das UNI-Institut verschrieben hat.

Die Stadt Potsdam erhält mit dem „Potsdam Center“ eine weitere Einrichtung, die der Stadt das Gepräge des deutschen Militärkompetenzzentrums verleiht. In direkter Nachbarschaft befindet sich das Einsatzführungskommando der Bundeswehr, welches die Auslandseinsätze der Bundeswehr koordiniert, und das militärgeschichtliche Forschungsamt, welches von der Bundeswehr finanziert wird.

Der Rektor der Universität Potsdam Loschelder freut sich über die gute Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium: „Das neue Zentrum ist eine weiterer Baustein für die enge Verbindung zwischen der Universität Potsdam und ihrem Hause, Herr Scharping.“. Die Dankbarkeit ist nicht zu überhören. So dürfte auch klar sein, wer den Löwenanteil für den Etat – ca. drei Millionen Euro – des „unabhänigen“ Insituts bestreitet: Rüstungsindustrie und Verteidigungsminsterium, die sich hier – vermittelt durch die Universität Potsdam – die Klinke in die Hand geben.
 25. März 2002