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Krieg für den Dollar?
Wolfgang Pomrehn junge Welt 13. März 2006


Iran plant eigene Ölbörse im Persischen Golf. Verrechnung soll in Euro erfolgen

Sollten die USA demnächst gegen den Iran in den Krieg ziehen, könnte es sein, dass das eigentliche Motiv nicht dessen Öl- und Erdgasvorräte sind – die Geschichte mit dem Atomprogramm ist eh nur etwas für die letzten Gutgläubigen –, sondern die Verteidigung des Dollars gegen den Euro. Hintergrund sind iranische Vorbereitungen, auf der Insel Kisch im Persischen Golf eine Erdölbörse einzurichten.

An dieser Börse solle Öl nicht wie sonst üblich in US-Dollar, sondern in Euro gehandelt werden, so Krassimir Petrov, der an der Amerikanischen Universität in Bulgarien Ökonomie lehrt, auf der englischsprachigen Internetplattform Energy Bulletin (energybulletin.net). Dadurch, so Petrov, werde die Stellung des Dollars als Weltwährung in Frage gestellt. Diese basiert darauf, dass sich jeder mit Dollars eindecken muss, um Öl kaufen zu können. Nur zwei Staaten haben es bisher gewagt, ihr Öl für Euros statt für Dollars zu verkaufen: Der Irak unter Saddam Hussein und der Iran, der sich von der EU seit 2003 in Euros bezahlen lässt.


Asien stützt US-Währung

Eine erfolgreiche Börse im Iran, die den beiden dominierenden Umschlagplätzen in New York und London Konkurrenz macht, könne zu einem erheblichen Rückgang der Dollar-Nachfrage an den Devisenmärkten führen, so Petrov. Damit wäre der USA die Fähigkeit genommen, einfach die Druckerpresse anzuwerfen, um ihre Rechnungen zu begleichen.

Dagegen weist William Engdahl im Hongkonger Internetmagazin Asia Times Online darauf hin, dass die Kriegsplanungen gegen den Iran bis in die 90er Jahre zurückreichen. Außerdem wird die Stellung des Dollars als Weltwährung, so Engdahl, nicht nur durch F-16-Bomber und Marinelandetruppen verteidigt. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Angst der Exportnationen vor einem Absturz der Weltwährung. Für die meisten ost- und südostasiatischen Staaten sind die USA noch immer der wichtigste Absatzmarkt. Also kaufen sie, vor allem Japan und China, immer neue US-Staatsanleihen, um die Kreditzinsen in den USA niedrig und somit die US-Verbraucher bei Laune zu halten. Nicht nur die USA, sondern auch China, Japan, Taiwan, Südkorea und einige weitere Staaten, bei denen die USA mit insgesamt weit über eine Billiarde US-Dollar in der Kreide stehen, würden dafür sorgen, dass die Rolle des US-Dollars fürs erste erhalten bleibt.

Chris Cook, ehemaliger Direktor der Londoner Erdölbörse, weist ebenfalls in Asia Times Online daraufhin, dass die Dollars, in denen das Öl gehandelt wird, zunächst nur Buchungswerte seien. Entscheidend sei letztendlich, wo das Geld angelegt werde. Wenn die Erdölexporteure die Dollars sofort in Euro umtauschen, dann ist der Effekt der gleiche, als wenn das Öl in Euros gehandelt worden wäre.


Norwegen für Alleingang

Eventuell müsste demnächst auch Nato-Mitglied Norwegen in die „Achse des Bösen“ aufgenommen werden. Sven Arild Andersen, der scheidende Direktor der dortigen Börse, hat Ende Dezember vorgeschlagen, einen eigenen Umschlagplatz für das norwegische Nordseeöl und -gas zu schaffen. Ihm schwebt eine skandinavische Energiebörse für Gas, Öl und Strom vor, als deren Kern die schon bestehende länderübergreifende Strombörse Nordpool dienen könnte. Als Handelswährung schlägt Andersen den Euro vor: „Unsere Marktstudien haben ergeben, dass sowohl Russland, das ein großer Ölexporteur ist, wie auch die Länder des Nahen Osten einen großen Teil ihrer Wirtschaft in Euro abwickeln“, zitiert ihn Energy Bulletin. Wenn ein Teil des Erdöls in Euro gehandelt würde, hätte das auf die Wirtschaft dieser Länder einen stabilisierenden Einfluss, so Andersen. Dann würden nämlich die Preise europäischer Importwaren nicht mehr mit dem Dollarkurs fluktuieren.
 13. März 2006