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Information warfare – elektronische Kriegsführung
Daniel Stolba Chaos Communication Congress 1995

Spätestens seit dem Golfkrieg wissen wir, dass der Ausgang eines Krieges ganz wesentlich durch die Überlegenheit einer Site im Bereich der Elektronik beeinflusst wird. Frank Rieger erläuterte in seinem – leider viel zu schnell beendeten – Vortrag einige wichtige digitale Waffensysteme.

Mitte der 80er Jahre gab das amerikanische Verteidigungsministerium die Entwicklung des Global Positioning System (GPS) in Auftrag. Mit Hilfe dieses Systems ist eine Bestimmung der eigenen Position (Breite, Länge und Höhe über NN) mit einer Genauigkeit bis zu einem Meter möglich. Allerdings steht diese Genauigkeit nur dem Militär zur Verfügung. Zivile Nutzer des Systems verfügen nur über eine Genauigkeit von maximal 25 Metern. GPS arbeitet mit Sendern, die weltweit insgesamt ca. 1600 Frequenzen ausstrahlen. Jede davon bildet ein oder zwei Bit der Information; durch Ausschalten einzelner Sender lassen sich größere Regionen der Erde problemlos aus dem GPS ausschalten.

Überhaupt ist es mittlerweile eine besonders in den USA allgemein akzeptierte Militärstrategie, im Kriegsfall die Kommunikationssysteme des Gegners möglichst schnell und effizient auszuschalten. Durch (Zer-)Störung einzelner Satelliten können ganze Mobilfunknetze lahm gelegt werden. Dass die irakische Luftabwehr im Golfkrieg durch einen Computervirus ausgeschaltet wurde, ist allerdings Legende. Tatsächlich wurden einerseits ganz gezielt Radarstationen durch Raketenangriffe zerstört, zum anderen wurden irakische Kraftwerke mit Raketen angegriffen, die Kohlefaserbündel trugen, welche sich über die Kabel legten und dort Kurzschlüsse verursachten. Dadurch wurde die Stromversorgung zwar nicht irreparabel, aber langfristig unterbrochen.

Grundsätzlich ist eine Entwicklung hin zu so genannten nichttödlichen Waffen zu beobachten, insbesondere Waffen gegen Informationssysteme. Besonders fortgeschritten ist diese Entwicklung im Bereich der Mikrowellen- und EMP (Electromagnetical Pulse)-Waffen. Bei den ersten überirdischen Atomversuchen wurde festgestellt, dass der elektromagnetische Impuls, der durch eine thermonukleare Explosion ausgelöst wird, in der Umgebung in elektrischen Geräten eine so starke Überspannung verursacht, dass die Geräte zerstört werden.

Nun ist es gelungen, solche Impulse auch ohne Atomexplosion auszulösen; in absehbarer Zeit werden solche Waffensysteme im Flugzeug transportierbar sein. Ein starkes Signal in der Eigenfrequenz einer Radaranlage würde, vom Flugzeug aus ausgelöst, das Radarsystem vollständig zerstören. Natürlich wird auch an elektronischen Systemen gearbeitet, die einen solchen Angriff überstehen würden. Abgeschirmte Geräte, die nach außen nur über Glasfaserkabel angesprochen werden, scheinen hier weitgehende Sicherheit zu bieten. Allerdings wäre die zivile Welt weitgehend schutzlos gegenüber dieser Art von Kriegsführung.

Ins Gerede gekommen sind in letzter Zeit verstärkt auch Laserwaffen zum Blenden von Sensoren. Da diese Laser nicht nur elektronische Sensoren, sondern auch das menschliche Auge irreparabel schädigen können. Um im Informationszeitalter in einem Krieg flexibel operieren zu können, sind die alten hierarchischen Strukturen in der Armee denkbar ungeeignet.

Als Alternative wird vielfach die Organisation in kleinen Teams genannt, die weitgehend autonom operieren. In einigen Kreisen wird sogar angenommen, dass die Vereinigten Staaten den Vietnamkrieg deshalb verloren haben, weil der Vietcong im Gegensatz zur hierarchisch organisierten US-Armee über eine solche Strukturverfügte. Bei den Nato-Einsätzen im ehemaligen Jugoslawien arbeiten die einzelnen Kommandeure bereits weitgehend autonom. Leider blieb für eine Diskussion der ethischen Aspekte dieser neuen Art von Kriegsführung keine Zeit mehr.
 28. Juni 2000