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Vor dem Sonderparteitag der Bündnisgrünen
Uwe Soukup in junge Welt 6. Mai 1999


Bundesaußenminister Joseph Fischer hat seine Partei eindringlich davor gewarnt, auf dem Sonderparteitag in der nächsten Woche den Nato-Militäreinsatz im Kosovo abzulehnen und die Bonner Regierungskoalition aufs Spiel zu setzen. Eine Abkehr von der bisherigen Linie würde „eine andere Koalition mit sich bringen, aber keine andere Politik der Bundesrepublik Deutschland.“ Mit anderen Worten: Es gibt zur derzeitigen Kriegspolitik keine Alternative. Warum? „Bündnisräson ist Staatsräson“ (Bundeskanzler Gerhard Schröder).

Schon länger zeichnet sich ab, dass Fischer sich, wenn ihm die Diskussionen bei den Grünen lästig werden, für sein Amt und gegen die Partei, der er seinen persönlichen Aufstieg verdankt, entscheidet. Das ist konsequent: Einmal da angekommen, was der Kleinbürger für den Olymp der Macht hält, ist Fischer auf das grüne Milieu nicht länger angewiesen. (Dass Fischer vor Jahren als „revolutionärer Kämpfer“ in die grüne Partei eingetreten ist, um sie von innen zu zersetzen, sei nur als Fußnote vermerkt.) Einiges spricht dafür, dass Fischer kurz davor steht, sein selbstgestecktes Ziel – das Ende der grünen Partei – zu erreichen, denn der Parteitag der Grünen kann nur mit einer Spaltung enden. Dafür gibt es mehrere Gründe: Es ist für sich genommen schon eine Ungeheuerlichkeit, diesen Parteitag erst sieben Wochen nach Beginn der Bombardierungen jugoslawischer Städte einzuberufen – immerhin verstößt die Führung eines Angriffskrieges nicht nur gegen Völkerrecht, Grundgesetz und den Zwei-plus-vier-Vertrag, sondern auch gegen die noch gültige grüne Programmatik. Viel angestaute Wut wird sich innerhalb und außerhalb des Versammlungsortes entladen.

Wenn sich der Parteitag mehrheitlich für die Bestätigung der Fischer-Linie entscheidet – natürlich wird eine derartige Entschließung „friedenspolitische Initiative“ oder so ähnlich heißen, um das schlechte Gewissen und die Öffentlichkeit zu täuschen –, werden Tausende Mitglieder der Grünen, die erst noch das Ergebnis des Parteitages abwarten wollten, der Partei den Rücken kehren. Sie werden es satt haben, weiterhin mit der Person des Außenministers identifiziert zu werden, dem das „Verdienst“ zuzuschreiben ist, die üble Erpressung von Rambouillet an seinen Mitarbeitern und an seiner Partei vorbei „durchgefingert“ zu haben.

Sollte das grüne Establishment jedoch vom Parteitag aufgefordert werden, sich aus einer verbrecherischen Regierung zurückzuziehen, wird dies nicht oder nur teilweise geschehen. Fischer hatte schon im April erklärt, sich durch einen Beschluss der Delegierten nicht von seiner Kriegspolitik abbringen zu lassen. Als Außenminister sei er schließlich nicht von der Partei abhängig. Und von wem dann?
 6. Mai 1999