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Die informelle Große Koalition zwischen
CDU, SPD und Grüne sind sich in Sachen „Arbeitsmarktreform“ einig
Gegeninformationsbüro Stand 18. Dezember 2002

Am Dienstag (17. Dezember 2002) stimmte der Vermittlungsausschluß den Vorschlägen der Hartz-Kommission zu. Die Gesetze treten nunmehr – wie der ursprüngliche Zeitplan der Bundesregierung vorsah – bereits am 1. Januar 2003 in Kraft. Ausgenommen davon ist die Neuregelung der Minijobs, die ab 1. April 2003 gelten wird.

Konkret geht es um schlecht bezahlte Beschäftigungsverhältnisse, Billigjobs sozusagen. Und so sieht das nun aus:

1. Einer weitergehenden Ausweitung der Mini-Jobs:
  • Die Einkommensgrenze bei den bisherigen 325-Euro-Jobs („geringfügige Beschäftigung“) wird auf 400 Euro angehoben. Für diese Jobs muss der Arbeitgeber pauschal zwölf Prozent Renten – und elf Prozent Krankenbeitrag entrichten. Zudem werden zwei Prozent Steuer fällig (entspricht 25 Prozent). Zudem dürften die Mini-Jobs – anders als derzeit – auch als Nebenjob ausgeübt werden. Gültig für alle Branchen!
  • Für „haushaltsnahme Dienstleistungen“ ist eine zehn Prozent (fünf Prozent RV, fünf Prozent KV, zwei Prozent Steuern) Arbeitgeberpauschale vorgeshen. Die Einkommensgrenze leigt hier ebenfalls bei 400 Euro. Dem/der ArbeiterIn bleibt (bei beiden Formen der „geringfügigen Beschäftigung“) offen, den Beitragssatz von 19,5 Prozent in die gesetzliche Rentenversicherung aus eigener Tasche zahlt.
  • Neu ist auch die Schaffung einer so genannten „Gleitzone“ bis zu Einkommen in doppelter Höhe der Minijobs. An die „Grundzone“ (von 400 Euro) schließt sich nun die „Gleitzone“ (zwischen 401 und 800 Euro) an. In diesem Segment wird auch der/die ArbeiterIn zur Kasse gebeten – aber nicht sprunghaft, sondern vielmehr allmählich ansteigend (die Kosten der gesetzlichen Versicherungen steigen linear von vier Prozentauf die derzeit gültige Höhe von 21 Prozent). An den Fiskus muss er entweder pauschal 25 Prozent Steuer überweisen, oder er arbeitet ganz normal auf Lohnsteuerkarte, was beispielsweise für Studenten oft günstiger sein dürfte. Ab 401 Euro entfallen auf die Arbeitgeber Sozialabgaben in Höhe von 21 Prozent.
  • Mini-Jobs in sind für den Arbeitgeber steuerlich absetzbar. Die steuerliche Absetzbarkeit richtet sich nach der Art der Dienstleistung: Für Minijobs sind es zehn Prozent, max. 510 Euro/Jahr. Für voll sozialversicherungspflichtige Mini-Jobs („Gleitzone“) zwölf Prozent, max. 2 400 Euro/Jahr. Für den „Einkauf von Dienstleistungen“ durch Unternehmen/Agenturen/ Leinarbeit 20 Prozent, max. 600 Euro im Jahr.
Kommentar: Durch einen absehbaren Austauscheffekt von regulärer Beschäftigung in Mini-Jobs mit geringerer Sozialabgabenlast, fließt weniger Geld in die Kassen. Schon jetzt gehen Renten- und Krankenversicherer von Mindereinnahmen aus. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet (18. Dezember) entstehen etwa 500 Mill. Euro Steuerausfälle, weitere 500 Mill. Euro fehlen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Einzelne Experten veranschlagen die Summe noch höher. Nach Angaben des Instituts für die Zukunft der Arbeit (IZA) könnten bis zu 2 Mrd Euro fehlen. Und so werden die „leeren Kassen“ künftig jene selbstgeschaffene und beabsichtigete Argumentationsvorlage liefern für den Weg in die private Sozialversicherung. Nach dem Motto: Vorwärts und vergessen, schafft jenen Standortpolititk zunehmende Konkurrenz und soziale Ungleicheit.

2. Die Möglichkeit ArbeitnehmerInnen über 52 Jahre befristet einzustellen wird um ein Jahr verlängert bis 2006.

3. Das geplante „Brückengeld“ (Bridge-System) für ältere ArbeiterInnen entfällt.

4. Zur Ausweitung der Leiharbeit und der Bezahlung jener LeiharbeiterInnen konnte keine Einigung erzielt werden. Dieser Teil des Hartz-Konzeptes ist allerdings auch nicht zustimmungsprlichtig.
 18. Dezember 2002